Die Dramaturgin und ehemalige stellvertretende künstlerische Direktorin des Burgtheaters Alexandra Althoff übernahm mit 1. März 2024 die Leitung des Max Reinhardt Seminars, Institut für Schauspiel und Schauspielregie an der mdw. Gemeinsam mit ihrem Stellvertreter Steffen Jäger spricht sie über ihre neue Aufgabe, die Herausforderungen eines dualen Lehrbetriebs und welche Schwerpunkte sie in ihrer Amtsperiode gemeinsam setzen werden.

Steffen Jäger & Alexandra Althoff, © Stephan Polzer

Mit einer breiten Unterstützung am Institut wurden Sie vom Rektorat mit 1. März 2024 zur neuen Leitung des Max Reinhardt Seminars bestellt. Was bedeutet Ihnen der Support Ihrer Kolleg_innen? Wie wichtig ist er im Alltag?

Alexandra Althoff (AA): Ich würde sagen, es ist das Allerwichtigste. Der einstimmige Vorschlag der Professor_innen an das Rektorat ist ein gutes Fundament, auf dem wir unsere Arbeit aufbauen können.

Wir haben jetzt die Chance zusammenzukommen und mit vereinten Kräften die Lehre weiterzuentwickeln.

Alexandra Althoff, Institutsleiterin am Max Reinhardt Seminar

Wie hat sich diese neue Aufgabe ergeben?

© Stephan Polzer

AA: Im Sommer 2023 ist das Rektorat an mich herangetreten und hat gefragt, ob ich Interesse hätte, mehr Verantwortung am Max Reinhardt Seminar zu übernehmen. Im Wintersemester 2023 habe ich schließlich – neben Tamara Metelka als Institutsleiterin – interimistisch die Funktion der stellvertretenden Leitung übernommen. Ich denke, dass die Unterstützung, die mir jetzt zuteil wird, auch die Früchte unserer Arbeit des letzten Semesters sind.

Welche Schwerpunkte haben Sie sich für die kommende Amtsperiode gesetzt? Gibt es Bereiche, wo Änderungen anstehen?

AA: Wir haben viele Prozesse schon im letzten Semester auf den Weg gebracht, die wir auch weiterhin verfolgen wollen. Ein Kernpunkt ist die Kommunikationskultur, der regelmäßige Austausch mit den Lehrenden, den Studierenden und allen Mitarbeiter_innen des Instituts. Dafür haben wir neue Formate entwickelt. Mediator_innen von außen haben uns bei diesem Prozess begleitet – jetzt werden wir diesen Weg ohne externe Unterstützung weiter fortführen.

© Stephan Polzer

Steffen Jäger (SJ): Ein weiterer zentraler Punkt ist, dass wir auf Anregung der Studierenden daran arbeiten, die Pausenkultur am Institut weiterzuentwickeln. Der Unterricht ist, aufgrund unseres großen Angebots, sehr dicht gepackt. In Zusammenarbeit mit den Lehrenden und Studierenden haben wir die Stundenpläne optimiert und Regenerationsphasen geschaffen.

AA: Die große Aufgabe als Institution mit einem dualen Studiengang Regie und Schauspiel ist, dass neben dem Unterrichten ein Proben- und Spielbetrieb stattfindet, in dem Regiestudierende mit Schauspielstudierenden zusammenarbeiten, so hat Max Reinhardt das Seminar konzipiert. Man muss daher gute Regelungen schaffen, die diese Bereiche miteinander verzahnen. Daran arbeiten wir und ich bin frohgemut, dass wir eine volle Ausschöpfung des Potenzials unseres Instituts erreichen können.

In Zusammenarbeit mit den Lehrenden und Studierenden haben wir die Stundenpläne optimiert und Regenerationsphasen geschaffen.

Steffen Jäger, stellvertretender Institutsleiter am Max Reinhardt Seminar

Woran denken Sie dabei?

AA: Etwa an neue Wahlfächer, eine künstlerische Werkschau, aber auch an verschiedene zusätzliche Angebote, wie eine neue Gesprächsreihe zu gesellschaftsrelevanten Themen. Dazu fand am 7. März eine Auftaktveranstaltung anlässlich des Internationalen Frauentags statt. Unter dem Titel Ganz schön mächtig. Geschlechterverhältnisse am Theater sprach ich mit Bettina Hering, Petra Paterno und Julia Wissert über mächtige Vorgehensweisen, hilfreiche Tools und zukunftsweisende Transformationsprozesse zu mehr Geschlechtergerechtigkeit am Theater. Solche Formate würden wir hier gerne in einer gewissen Regelmäßigkeit fortführen.

Wir fühlen uns auch aufgrund unserer künstlerischen und pädagogischen Biografien für die beiden Bereiche Schauspiel und Schauspielregie gleichermaßen verantwortlich.

Alexandra Althoff, Institutsleiterin am Max Reinhardt Seminar

© Stephan Polzer

Wie lässt sich das ermöglichen?

AA: De facto schaffen wir durch gute Planung, die gerade in den Händen von Steffen Jäger liegt, mehr Möglichkeiten und zeitliche Verfügbarkeit für ergänzende Angebote.

SJ: Wir haben zwei unterschiedliche Ausbildungsstrukturen, die gleichzeitig stattfinden. Die eine ist ein Semestersystem, in dem durchgängig unterrichtet wird, die zweite funktioniert wie ein Theaterbetrieb, der in drei- bis sechswöchige Etappen unterteilt ist. Unsere Aufgabe ist es, diese beiden Strukturen miteinander in Einklang zu bringen und dabei ein reichhaltiges Unterrichtsangebot mit einem funktionalen Stundenplan zu kombinieren. Keine leichte Aufgabe, aber wir sind auf einem guten Weg.

© Stephan Polzer

AA: Ergänzen möchte ich auch noch, dass wir aktuell am Institut eine ganz besondere Situation vorfinden, nämlich dass etwa die Hälfte der Professor_innen neu ist. Die Kolleg_innen kommen aus verschiedenen Bereichen und Institutionen und bringen viel Erfahrung sowie ihre jeweiligen Expertisen mit. Steffen Jägers Spezialgebiete sind beispielsweise Diversitätsagenden, faire Zugänge zu Kunst und Kultur sowie Gleichstellung. Anja Thiemann beschäftigt sich mit vergessenen Autorinnen der deutschen Klassik und holt deren Werke zurück auf die Bühne und damit ins Repertoire – um jetzt nur zwei herauszugreifen. Wir freuen uns sehr über diese Zusammensetzung, denn es gibt viele exzellente Mitglieder des Kollegiums, die über langjährige Erfahrung am Max Reinhardt Seminar verfügen. Und es gibt neue, spannende Kolleg_innen! Wir haben eine einzigartige Chance, in dieser Konstellation mit vereinten Kräften die Lehre weiterzuentwickeln.

Für mich ist meine neue Funktion eine tolle Möglichkeit, aus meiner langjährigen Erfahrung heraus mitzugestalten.

Steffen Jäger, stellvertretender Institutsleiter am Max Reinhardt Seminar

Frau Althoff, mit Steffen Jäger haben Sie einen erfahrenen Partner an Ihrer Seite. Wie funktioniert Ihre Zusammenarbeit im Team? Und wird es eine bestimmte Aufteilung der Aufgabenbereiche geben?

AA: Für mich war es ganz schnell klar, dass ich diese neue Aufgabe mit Steffen Jäger an meiner Seite übernehmen wollte. Ich bin sehr froh, dass Steffen zugesagt hat und dieser Vorschlag von Seiten des Kollegiums auf große Begeisterung gestoßen ist. Wir fühlen uns auch aufgrund unserer künstlerischen und pädagogischen Biografien für die beiden Bereiche Schauspiel und Schauspielregie gleichermaßen verantwortlich. Wir stehen gerade am Anfang unserer Zusammenarbeit und eine genauere Aufteilung der Leitungsaufgaben wird sich ergeben.

Herr Jäger, Sie sind schon seit ihrer Studienzeit mit dem Max Reinhardt Seminar verbunden. Welche Bedeutung hat es für Sie, nun als stellvertretender Leiter zu fungieren?

© Stephan Polzer

SJ: Ich habe von 2005 bis 2009 am Max Reinhardt Seminar Regie studiert und bin seitdem diesem Haus stets verbunden geblieben. Ich war bereits zehn Jahre als Lehrbeauftragter am Institut tätig und bin nach einer Professur in Linz als Professor für Ensemblearbeit und Rollengestaltung ans Seminar zurückgekehrt. Für mich ist es eine tolle Möglichkeit aus meiner langjährigen Erfahrung heraus mitzugestalten. Ich weiß, was es bedeutet, hier Studierender zu sein, kenne aber auch die Situation als Lehrbeauftragter und nun als Professor.

Frau Althoff, Sie waren bereits von 2013 bis 2018 als Lehrende am Max Reinhardt Seminar tätig und sind seit dem Wintersemester 2022/23 für die Fächer Inszenierungsanalyse und Angewandte Dramaturgie zuständig. Wie lässt sich Ihre neue Tätigkeit als Institutsleitung mit der Aufgabe zu Unterrichten vereinen?

AA: Natürlich sind wir verpflichtet unserem Unterricht nachzukommen und werden das selbstverständlich auch tun. An einem Institut wie diesem, mit aktuell 37 Schauspiel- und acht Regiestudierenden, die alle neben der Lehre auch produzieren und sich in Übungen ausprobieren, ist das eine große Aufgabe. Im letzten Semester habe ich inklusive einer Premierenverschiebung schon viel erlebt. Zuvor war ich stellvertretende Künstlerische Direktorin am Burgtheater und habe entsprechend Leitungserfahrung. Ich freue mich auf die neue Herausforderung. Ich bin neben meiner neuen Funktion auch für den künstlerischen Output unseres Theaterbetriebs verantwortlich – mit Krankheitsausfällen und allem, was dazu gehört.

Als Lehrende sind Sie laufend mit den Studierenden in Kontakt. Wie möchten Sie den Austausch mit den Studierenden zu Institutsthemen gestalten?

SJ: Wir haben viel Zeit dafür aufgewendet, neue Formate zu entwickeln. Unsere Jahrgänge haben Mentor_innen, die sie über die gesamte Studiendauer hinweg begleiten. Zudem treffen wir jeden Jahrgang zu Beginn des Semesters, um einen Ausblick zu schaffen und über Themen zu sprechen, die anfallen könnten. Mit Vollversammlungen, Dialogforen und Institutskonferenzen haben wir also ein ganzes Füllhorn an Möglichkeiten geschaffen, das uns helfen soll, mit allen Menschen am Institut in Kontakt zu bleiben. Diese Formate werden auch sehr gut angenommen und ausführlich genutzt.

Ich würde mir wünschen, dass wir auch in schwierigen Zeiten in einem direkten Austausch bleiben.

Alexandra Althoff, Institutsleiterin am Max Reinhardt Seminar

© Stephan Polzer

Welche Projekte stehen demnächst an?

AA: Die Diplominszenierung von Bianca Thomas K.I. und Abel wird Ende Mai noch einmal im Schlosstheater Schönbrunn gezeigt, bevor wir mit dieser erfolgreichen Produktion zum Festival Körber Studio Junge Regie nach Hamburg ans Thalia Theater fahren. Die vielbeachtete österreichische Regisseurin Christina Tscharyiski ist aktuell in Proben an Sonne, los jetzt! von Elfriede Jelinek mit unserem dritten Jahrgang vertieft. Nach der österreichischen Erstaufführung in Graz, sind wir die ersten, die dieses neue Stück in Wien spielen dürfen.

SJ: Im Juli fahren wir zum Schauspielschultreffen nach Frankfurt, wo wir dieses Stück als unseren Wettbewerbsbeitrag einreichen. Dort findet ein Austausch mit allen Schauspieluniversitäten des deutschsprachigen Raums statt.

Was wünschen Sie sich für die kommende Zeit als Institutsleitung?

AA: Ich würde mir wünschen, dass wir auch in schwierigen Zeiten in einem direkten Austausch bleiben. Wir haben zu unserem Einstieg viel positives Feedback bekommen. Ich glaube aber, es wäre vermessen, zu sagen, dass das immer so bleiben wird. Deswegen würde ich es fantastisch finden, wenn wir eine gute Dialog- und Konfliktkultur miteinander entwickeln, in der es Kompromissbereitschaft gibt, und Entscheidungen, die wir miteinander aushandeln, gemeinsam vertreten werden.

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