Eine Vielzahl von Künstler_innen, Musiker_innen und Komponist_innen haben den Plattenspieler in den letzten Jahrzehnten intensiv genutzt, bearbeitet und erweitert. Durch virtuos angewandte Techniken, wie u. a. Scratching und Beat-Matching, wurde der Plattenspieler zum Instrument und der bzw. die DJ zum/zur Musiker_in.

Im Rahmen meiner künstlerischen Dissertation To Start from Scratch, die ich im Oktober 2024 an der mdw abschloss, zog ich den Plattenspieler als Forschungsapparatur und experimentelles System im Sinne Hans-Jörg Rheinbergers heran: Eine dynamische Konfiguration materieller Einheiten, Werkzeuge, Techniken sowie theoretischer Rahmenbedingungen, die sich durch Experimentieren und Erforschen ständig weiterentwickelt und darauf abzielt, Wissen im Bereich der wissenschaftlichen – und in meinem Fall künstlerischen – Praxis zu generieren.

Auf diesem Systembegriff aufbauend, untersuchte ich im Zuge meines Projektes mehrere Aspekte des Plattenspielers teils experimentell, um zu belegen, wie und was man mit diesem erforschen kann. Unter anderem erkundete ich im Rahmen von künstlerischen Kooperationen und Improvisationen mit anderen Turntablists und DJs, welche individuellen Praktiken und Spielarten angewandt wurden und in welchen musikalischen Genre-Bereichen der Plattenspieler eine Anwendung findet. Hierzu verglich ich sowohl aktuelle Positionen miteinander und recherchierte zur historischen Entwicklung und der Verwendung im musikalisch-performativen Kontext. Ein weiteres Forschungsinteresse bezog sich darauf, den Apparat als Kompositionsmaschine zur Gestaltung grafischer und zugleich klangbildender Partituren zu verwenden, wie bereits in den 1920er-Jahren von László Moholy-Nagy angedeutet. Hinzu kam noch die Frage, wie sich das Material des Tonträgers selbst in diese Arbeiten einschreibt und was für Alternativen es zum klassischen Polyvinylchlorid, besser bekannt unter der Kurzform Vinyl, gibt.

Die Erkenntnisse sowie Artefakte dieser Untersuchungen bildeten sich in mehreren installativen und performativen Werken ab, die ich im Rahmen meiner Abschlusspräsentation öffentlich zur Diskussion stellte. Diese Werke beinhalteten diverse Schallplattenobjekte, Videoarbeiten sowie Objekte und Skulpturen, wie zum Beispiel Schallplatten aus Gras und Gips. Zugleich aber, und so ist es im künstlerischen Doktoratsprogramm üblich, wurden diese entstandenen Arbeiten von einer reflexiven Dokumentation begleitet. Diese gibt, abseits der physischen Objekte und künstlerischen Werke, Einblick in Prozesse und beschreibt, theoretisch fundiert, die Methoden und Findungen. Um hierbei meine Forschungsfragen erneut weiterzuverfolgen, war es für mich eine logische Konsequenz, als Format dieser reflexiven Dokumentation die Form der Schallplatte zu wählen. Um hierbei der guten wissenschaftlichen Praxis Folge zu leisten, orientierte ich mich am Format des Audio Paper, um meine Reflexionen und Erkenntnisse in einer Schallplattenbox, bestehend aus vier Platten und einem Booklet, festzuhalten. Diese sind seither in der Nationalbibliothek sowie der mdw-Bibliothek für interessierte Hörer_innen zugänglich.

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