Das Haus der Träumer, Indische Flamme, Kronprinz Rudolf, Das Leben eines merkwürdigen Mannes – dies sind nur einige Werke aus dem reichen Schaffen des Wiener Literaten Erwin Weill. Ein Schaffen, das durch das NS-Regime abrupt gestoppt wurde und dessen Schöpfer 1945 im KZ Auschwitz starb. Erwin Weill war Lehrender an der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien, der heutigen mdw.

Werdegang und literarische Erfolge
Erwin Weill wurde am 2. November 1885 als Sohn von Irma (geb. Heim) und Sigmund Weill in Wien geboren. Nach seiner Ausbildung an der Handelsakademie studierte Weill zuerst Kunstgeschichte in Zürich, danach führten ihn weitere Studien nach London und München. Schon 1909 erschien der erste Gedichtband des damals 24-jährigen Weill. Ab 1913 war er als Redakteur des Neuen Wiener Journals tätig und ab 1920 begann eine Zeit des reichen schriftstellerischen Schaffens: Neben Lyrikbänden und Novellen verfasste er zahlreiche, vor allem historisch-biografische Romane, auch wurden einige seiner Gedichte vertont. Zu seinen bekanntesten Werken aus dieser Zeit gehört der beliebte Schlager Da draußen in der Wachau (1921, Musik: Ernst Arnold), dessen Refrain der Wachau und der Liebe huldigt. Über Weills Werk In einem kühlen Grunde. Der Roman des jungen Eichendorff erschien 1926 in der Zeitschrift Moderne Welt eine literarische Kritik, die mit folgenden Worten endete: „Niemand wird dieses reine, edle Buch unbefriedigt aus der Hand legen, das über allen Verirrungen der Zeit Ewigkeitswert behalten wird. Jeder Deutsche muss es gelesen haben.“ Nur 19 Jahre später stirbt der so gewürdigte Erwin Weill im KZ Auschwitz.
Neben seinen Arbeiten als Autor war Weill auch als Dramaturg, Regisseur und als einer der Direktoren des nur wenige Jahre bestehenden Modernen Theaters an Wiener Bühnen sowie für den Rundfunk tätig. 1928 erhielt Weill die Lehrbefähigung für Literaturgeschichte, etwa ab dieser Zeit unternahm er Führungen zu Sehenswürdigkeiten in Wien – zuerst im Rahmen der in der Komödie (der Nachfolgebühne des Modernen Theaters) angebotenen „dramatischen Kurse“ und später als Lehrveranstaltung des Neuen Wiener Konservatoriums.
„Künstlerische Vielseitigkeit vereint mit einem besonders starken Gefühl für Musikalität und Schönheit der Form sind als wesentliche Merkmale dem dichterischen Schaffen von Erwin Weill zu eigen“, schreibt Journalist Lothar Ring 1931 in der Wochenschrift Radio Wien.
Erwin Weill an der mdw
1933 begann Weill als Vortragender („Kulturgeschichte Österreichs und des österreichischen Theaters“) für die der Öffentlichkeit zugänglichen „volkstümlichen Kurse“ an der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (der Vorgängerinstitution der mdw) zu arbeiten. Ab dem Sommersemester 1936 erhielt er einen Lehrauftrag über „Führung durch die Kunst- und Kulturstätten Österreichs“.
Aufgrund seiner jüdischen Herkunft (die Familie konvertierte später zum Katholizismus) wurde Weill mit 15. März 1938 „vom Dienste beurlaubt“ – wie es im Jahresbericht über das Studienjahr formuliert wurde. Tatsächlich erging an die betroffenen Lehrenden die Aufforderung, ein Urlaubsgesuch einzubringen. Weills Vertrag wurde für Ende Juli 1938 gekündigt, aufgrund eines Formfehlers erfolgte die endgültige Auflösung des Arbeitsverhältnisses jedoch erst mit Ende März 1939. Zu diesem Zeitpunkt hatte Weill, der Ende März 1938 seine Wohnung aufgegeben und zu seiner Mutter gezogen war, bereits das Land verlassen, er war Ende August 1938 in die damalige Tschechoslowakei (Prag) geflohen.
Opfer der Shoah
Erwin Weill wurde am 30. November 1941 von Prag in das Lager Theresienstadt (Terezín, Tschechische Republik) deportiert. Am 9. Jänner 1942 erfolgte seine Überstellung in das Ghetto von Riga (Riga, Lettland) bzw. Kauen (Kaunas, Litauen). Mit einem am 29. Juli 1944 gestarteten Transport kam er am 1. August in das KZ Dachau (Deutschland) und schließlich am 25. Oktober in das KZ Auschwitz (Oświęcim, Polen). Einem Augenzeugenbericht zufolge starb Erwin Weill dort, völlig entkräftet durch die erlittenen Strapazen, Anfang des Jahres 1945. Sein Vater war bereits 1915 verstorben, seine Mutter und sein Bruder Otto (geb. 1893) wurden ebenfalls Opfer der Shoah.
Autorin: Doris Piller unter Verwendung der von Erwin Strouhal verfassten Biografie von Erwin Weill im Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Band 2, Studien zur Geschichte der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, 2023.