4.2 Musikalisches Material



Der Begriff des musikalischen Materials stellt ein paradigmatisches Beispiel für das Weiterwirken Adorno’scher Kategorien in Lachenmanns Schriften dar. Ralf-Alexander Kohler zufolge liegt »ein leicht modifizierter Begriff des musikalischen Materials […], wie er sich bei Adorno findet«24, gar allen Überlegungen Lachenmanns zugrunde. Für Gianmario Borio enthält der Materialbegriff bei Adorno zwei zentrale Prämissen von dessen Musikphilosophie:

daß erstens Material keine universale, überzeitliche Invariante, sondern dem geschichtlichen Werden unterworfen sei; daß zweitens aus der Bewegung des Materials eine ›Tendenz‹ entstehe, auf die die Akte des kompositorischen Subjekts jeweils reagieren.25

Es ist bemerkenswert, dass Lachenmanns ausführliche Auseinandersetzung mit dem Materialbegriff ausgerechnet zu einem Zeitpunkt einsetzte, als die Gültigkeit des Materialdenkens im deutschsprachigen Diskurs über ›neue Musik‹ unter Beschuss geraten war. Carl Dahlhaus zufolge kam es in den 1970er-Jahren zu einer »Abkehr vom Materialdenken«26, die dem Subjektivismus, der latent schon während der Hochphase der seriellen Kompositionsweise wirksam gewesen sei, zum Durchbruch verholfen habe. Lachenmann intensivierte seine Auseinandersetzung mit dieser musikästhetischen Kategorie somit just in dem Moment, als sie im Diskurs über ›neue Musik‹ in die Kritik geriet – um auch die folgenden Jahrzehnte hindurch daran festzuhalten.27 Konkrete Zielscheibe dieser Kritik war indessen weniger der Materialbegriff an sich als das Fortschrittsparadigma, das mit diesem verbunden und durch den aufkommenden Stilpluralismus sowie das Wiederaufgreifen historischer und tonaler Elemente im Zeichen der Postmoderne erschüttert worden war.

Der Begriff des musikalischen Materials scheint Lachenmanns ästhetischem Denken von Anfang an zugrunde zu liegen. So stellt der Komponist den Materialbegriff schon 1964 in den Mittelpunkt eines Vortrags. Darin unterscheidet er das Material als »akustische Materie«28 von den die Formung dieser Materie regulierenden Ordnungsprinzipien. Letztere würden dem Material jedoch nicht extern bleiben, wie dies eine schematische Unterteilung in die Kategorien Form und Materie suggerieren würde;29 vielmehr verändere sich unter der Einwirkung der Ordnungs­prinzipien auch das Material selbst. Schließlich bezieht Lachenmann neben der Form auch die Zeit in sein Materialverständnis mit ein und bestimmt die Erneuerung des Hörvorgangs als »einzige[n] Weg zum Material«30 – Borio bezeichnet die »Bestimmungen des Materials«31 und die »Bestimmungen des Musikhörens«32 in Lachenmanns Musikdenken sogar als deckungsgleich. Es ist damit ein zentrales Verhältnis in Lachenmanns ästhetischem Denken angesprochen, auf das in Kapitel 4.3 näher einzugehen sein wird.33

Während der Materialbegriff mitunter auf das Moment des Fortschritts verkürzt wird, steht für Lachenmann – mehr noch als der Fortschrittsgedanke – die Vorstellung des Materials als »gesellschaftlich, durchs Bewußtsein von Menschen hindurch Präformiertes«34 im Mittelpunkt des Interesses. Insofern spielt der Materialbegriff, der Gunnar Hindrichs zufolge schon für Adorno den »Schnittpunkt von Musik und Gesellschaft«35 bildete, eine bedeutende Rolle in Lachenmanns Konzeption des gesellschaftlichen Charakters von Musik.

Der Materialbegriff steht auch im Zentrum von Lachenmanns erstem gewichtigen Aufsatz, der sich mit ästhetischen Fragen beschäftigt – dem Text »Zur Analyse Neuer Musik«, der auf einem Vortrag aus dem Jahr 1971 basiert.36 Lachenmann macht hier den Materialbegriff zum Ausgangspunkt einer Kritik an zeitgenössischen Strömungen der ›neuen Musik‹, denen er eine fehlende Reflexion tonaler Kategorien zum Vorwurf macht. Diese Kategorien würden in den Werken der gemeinten Komponisten mehr oder minder unbeabsichtigt fortwirken und somit dem Publikum Anknüpfungspunkte für eine oberflächliche Kontaktaufnahme bieten. Die solcherart entstehenden Verbindungen der Hörer*innen zur Musik insbesondere von Komponisten wie Krzysztof Penderecki oder György Ligeti bezeichnet Lachenmann als »Querfeldein-Kontakte«37 und bringt dabei mit dem Begriff der Regression einen weiteren von Adorno geprägten Terminus ins Spiel:38

Das Musikdenken, so wie es sich über Schönberg, Berg und Webern zur seriellen Musik hinentwickelt hatte, ist heute in einer Regression begriffen, und das Fatale dabei ist, daß sich diese Regression als besonders typischer Schritt nach vorne verstanden wissen will und mit dialektischer Akrobatik sich anschickt, die alten tonalen Tabus und zugleich die inzwischen salonfähig gewordene revolutionäre Attitüde im künftigen Musikkonsum nebeneinander unterzubringen.39

Die Aufgabe der musikalischen Analyse besteht Lachenmann zufolge darin, »nicht bloß Ordnungen zu finden«40, wie es dem gängigen analytischen Zugang im Umfeld des seriellen Denkens entspreche, sondern auch »das Niveau des Materials«41 zu bestimmen. Lachenmann präzisiert dieses Niveau als »seine Reflektiertheit und den Widerstand […], der sich darin gegen die Normen wendet, von denen er ausgeht.«42 Tatsächlich bestehe die Aufgabe von Komponist*innen darin, die immanenten Gesetzmäßigkeiten des Materials gerade nicht als gegeben hinzunehmen, sondern sich daran zu reiben. Den Umstand, dass die musikalischen Resultate dieses Widerstands in der Folge in den Rang von neuen Normen aufrücken, sieht Lachenmann als »fatale Dialektik«, die »im musikalischen Material selbst angelegt zu sein« scheint.43

Sein Festhalten am Materialbegriff über die 1960er- und 1970er-Jahre hinaus thematisiert Lachenmann unter anderem 1988 im Gespräch mit Heinz-Klaus Metzger: »Ich habe unter dem Einfluss vieler Eindrücke und Lektüren, einschließlich derjenigen Ihrer Aufsätze, […] so etwas wie einen geschichtlich gültigen Materialstand zu erkennen und begrifflich zu fassen versucht«44. Die Vorstellung eines »Materialstand[s]«45 entstammt dem Adorno’schen Begriffsuniversum – die histo­rischen Transformationen des musikalischen Materials sind für Lachenmann ebenso wenig wie für Adorno das Ergebnis willkürlicher Akte, die jederzeit wieder zurückgenommen werden können, sondern folgen einer inneren Notwendigkeit. Noch 1996 bemerkt der Komponist in Bezug auf sein zweites Streichquartett Reigen seliger Geister: »Über ein Werk sprechen, heißt für mich, den in ihm ausgeprägten Materialbegriff beschreiben«46. Dabei ist es symptomatisch, dass Lachenmann angibt, den Materialbegriff nicht unmittelbar von Adorno, sondern über den Umweg seiner Lektüre der Texte Heinz-Klaus Metzgers adoptiert zu haben. Metzger kommt dabei die Rolle eines Mittlers zwischen Adorno und Lachenmann zu.

Wie Adorno47 geht auch Lachenmann davon aus, dass es keinen Ausweg aus der historischen Determiniertheit der musikalischen Schreibweise gibt – auch (und gerade) dann nicht, wenn das Komponieren alle Altlasten hinter sich zu lassen vorgibt. Das zeigt sich für Lachenmann an der Kategorie des Schönen, die – von der Nachkriegs-Avantgarde zunächst ausgeklammert bzw. in ihren Werken implizit negiert – gerade aufgrund dieser Verdrängung in den Arbeiten der 1960er- und 1970er-Jahre wieder zum Durchbruch gelangt sei:

Als theoretisch vernachlässigte und unbewältigte, gesellschaftlich aber nach wie vor intakte und wirksame Instanz entfaltete die Erwartung des Schönen im Sinne altgedienter tonaler Gewohnheiten einschließlich ihrer exotischen Reizkomponenten auf jenes einst so streng ausgerichtete Avantgarde-Musikdenken einen Einfluß, der eher mit Amüsement und Sympathie als mit Wachsamkeit oder gar Mißtrauen registriert wurde.48

Was an den Kompositionen Ligetis und Pendereckis als mutiger Fortschritt hin zum einst tabuisierten Schönklang begrüßt werde, sei in Wahrheit eine »undichte Stelle«49, die der Regression Tür und Tor öffne: »So sieht sich heute die Avantgarde von eben jenem bürgerlich domestizierten Schönheitsbegriff zur Strecke gebracht, den sie hochmütig ignorieren zu können glaubte«.50

Zu Lachenmanns für gewöhnlich positiver Bezugnahme auf die Kategorie des musikalischen Materials scheint seine negative Verwendung des Materialbegriffs im Widerspruch zu stehen, wenn er die Darmstädter Komponisten wegen ihres »blind technizistisch und empiristisch orientierten Materialdenkens«51 kritisiert und ihnen vorwirft, sie hätten sich »an der Wirklichkeitsferne ihres eigenen materialfixierten Denkens erschöpft.«52 Lachenmann partizipiert dabei am terminologischen Reservoir eines Diskursstrangs der 1970er- und 1980er-Jahre, welcher der dominanten Darmstädter Strömung der vorangegangenen Jahrzehnte eine Art dogmatisch-ästhetischen Tunnelblick ankreidet und sich auf die Formel »Darmstadt = ›Materialfetischismus‹«53 verkürzen lässt. Wenn es Lachenmann argumentativ ins Konzept passt, wie dies zur Unterstreichung seiner Kritik am Darmstädter Mainstream der Fall ist, greift er also auch auf ein rhetorisches Rüstzeug zurück, das seiner ansonsten positiven Bezugnahme auf den Materialbegriff entgegensteht.

Der gesellschaftliche Charakter des musikalischen Materials

Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Vorstellung des musikalischen Materials für Lachenmann mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit verknüpft ist. Aufschluss hierüber gibt ebenfalls der Aufsatz »Zur Analyse Neuer Musik«. Im Zuge seiner Kritik an der vorherrschenden Rezeptionsweise aktueller Kompositionen setzt Lachenmann die Suche nach Kunstschönheit in Relation zur gesellschaftlichen Sehnsucht nach Geborgenheit. Das Bedienen tonaler Wahrneh­mungs­kategorien vermittle demnach das Bild

einer in der Gesellschaft geborgenen Ästhetik, einer Ästhetik der Geborgenheit, hinter welcher die Utopie und der Schein einer ideologischen, religiösen, politischen Geborgenheit steht […].54

Dass ästhetische Vorstellungen in der Gesellschaft geborgen seien, bedeutet zunächst nichts weiter als deren verbreitete Akzeptanz. Durch einen rhetorischen Kunstgriff macht Lachenmann daraus jedoch eine »Ästhetik der Geborgenheit«, womit die Geborgenheit von einer bloßen äußeren Bestimmung der Ästhetik zu deren Inhalt wird. Die Verbindung zwischen Ästhetik und Gesellschaft wird durch die darauf­folgende Formulierung bekräftigt, die nochmals beide Ebenen nebeneinander aufruft: Die Rede ist von einer »Ästhetik der Geborgenheit, hinter welcher die Utopie und der Schein einer ideologischen, religiösen, politischen Geborgenheit steht«. Diese zweite, gesellschaftliche Komponente wird in der Folge näher charakterisiert als

Geborgenheitswahn, welcher den Einzelnen zu einem irrational geblendeten, zur Selbstverantwortung und Selbstbestimmung letztlich unfähigen Untertan der Interessen derer macht, welche es in der Hand haben, die existentielle Geborgenheit des Einzelnen eben solange zu garantieren, wie ihre eigene Geborgenheit durch die geistige Unselbständigkeit der Massen abgesichert ist, beziehungsweise solange, wie es ihnen paßt.55

Hier wird das Bild einer Gesellschaft evoziert, deren Geschicke von einer nicht näher definierten Gruppe von Menschen gelenkt werden – jenen, »welche es in der Hand haben, die existentielle Geborgenheit des Einzelnen eben solange zu garantieren, wie ihre eigene Geborgenheit durch die geistige Unselbständigkeit der Massen abgesichert ist«56. Diese Gruppe verfügt demnach über die Macht, den Willen der Mehrheit zu manipulieren und diese zu unselbständigen Untertanen zu machen, zu bewusstlosen Ausführenden ihres Machterhalts – ein Widerhall der Thesen Adornos und Horkheimers, die diese in der Dialektik der Aufklärung entwickeln.57

Für Lachenmann dient die Illusion der Geborgenheit dem Zweck, das Bewusstsein der Einzelnen zu betäuben. Einer auf den Normen der Tonalität aufbauenden musikalischen Ästhetik kommt somit die Aufgabe zu, den Rezipient*innen einen Schein von Geborgenheit zu vermitteln. Eine zentrale Rolle spielen dabei die zur Entstehungszeit des Textes aktiven Komponisten ›neuer Musik‹. Lachenmanns Kritik trifft indes nicht nur jene, die bewusst und vordergründig an das tonale Hören appellieren, sondern auch die Mehrheit der erfolgreichen Avantgarde-Komponisten, die solches Hören durch die Verwendung eines atonalen Idioms gerade unterlaufen wollen. In einem Vortrag aus dem Jahr 1971 fasst er diese Überlegungen nochmals zusammen, wobei mit dem Adjektiv ›verwaltet‹ ein weiterer Verweis auf das Vokabular Adornos aufscheint:58

Nach wie vor also bleibt der Begriff Kunst verwaltet als Medium eines – wenn auch dialektisch strapazierfähigen – Schönheits- und Ordnungsbegriffs für eine Gesell­schaft, welche in der Kunst immer wieder die Versöhnung mit sich selbst feiern möchte: Kunst als Medium irrationaler Geborgenheit.59

Wieder steht die Geborgenheit im Zentrum eines als missbräuchlich gedeuteten Musikkonsums. In der Folge formuliert Lachenmann aber auch Kriterien eines positiv konnotierten Zugangs zum musikalischen Material:

Eine Alternative müßte zurückgreifen auf jene andere Vorstellung von Kunst, wie ihn [sic!] die eigentlich schöpferischen Kräfte überliefert haben: Kunst nämlich als Resultat von radikaler Reflexion ihrer ästhetischen Mittel und Erfahrungskategorien und so durch die Bewegung der Ratio ausgelöster unvermeidlicher Ausbruch aus den gesell­schaftlichen Normen: Kunst als Produkt und Zeugnis von Denken […].60

Hier kommen mehrere Begriffe ins Spiel, die für die nähere Bestimmung des gesellschaftlichen Charakters von Musik eine zentrale Rolle spielen: Zum einen schreibt sich Lachenmann, indem er Kunst als »Produkt und Zeugnis von Denken« definiert, in eine Tradition ein, welche Musik als Mittel zur Erkenntnis begreift. Entscheidend ist dabei wiederum, dass die »Bewegung der Ratio« unvermeidlich einen »Ausbruch aus den gesellschaftlichen Normen« zur Folge hat.61 Die von Lachenmann angestrebte Verbindung zwischen dem Ästhetischen und dem Gesellschaftlichen basiert also auf rationaler Reflexion. Dieser Zusammenhang wird in dem Text »Zum Verhältnis Kompositionstechnik – gesellschaftlicher Standort« präzisiert: Lachenmann distanziert sich hier zunächst von den Bestrebungen, beim Komponieren unmittelbar auf politische Agitation abzuzielen. Musik könne höchstens versuchen,

durch die ihr als ästhetischem Medium von der Gesellschaft zugewiesene Hintertür in die Reflexionen des Hörers Erfahrungen hineinzuschmuggeln, welche in der Lage sind, jene innerste Irrationalität, deren Niederschlag auch die ästhetischen Erwartungen sind und von wo aus der Einzelne letztlich doch noch unbewußt denkt, fühlt und handelt, zu infizieren und auf diese Weise zu verunsichern.62

Lachenmann verbindet seine Überlegungen zur Kompositionstechnik hier mit solchen zur erhofften Wirkung auf die Rezipient*innen, die in Kapitel 4.3 ausführlich besprochen werden. Er distanziert sich aufs Neue von dem Versuch der Agitation durch das Bereitstellen außermusikalischer Inhalte ebenso wie von der Provokation um ihrer selbst willen:

Die Frage, inwiefern ein Komponist durch sein Schaffen affirmativ oder kritisch oder gar verändernd auf das Bewußtsein seiner Zeitgenossen wirken kann, ist demnach nicht eine Frage nach den Parolen oder nach der Sorte von Affekten und Provokationen, die er durch seine Erzeugnisse mit mehr oder weniger taktischem oder demagogischem Geschick lanciert; sie ist vielmehr eine Frage seiner Kompositionstechnik, das heißt seiner Mittel und der Art des Umgangs mit diesen Mitteln.63

Im Gesellschaftlichen sieht Lachenmann also nichts der Musik Äußerliches, auf das diese durch politische Anspielungen Bezug nehmen könnte. Vielmehr sieht er für Komponist*innen keinen Ausweg aus der bewusst oder unbewusst bereits bei der Wahl der Kompositionsweise vollzogenen gesellschaftlichen Verortung:

Als Niederschlag gesellschaftlichen Bewußtseins sollte Musikdenken sich selbst reflektieren. Im kompositorischen Detail und seiner Beziehung zum Werk verrät sich der ideologische Standort einer Musik. Diesen, und nicht allein das Werk, gilt es zu analysieren.64

Die als umfassende musikalische Denk- und Auffassungsweise verstandene Norm der Tonalität ist für Lachenmann kein Phänomen, dem mit einer rein ästhetischen Beschreibung beizukommen wäre. Jeder kritischen Analyse »müßte eine umfassende Definition dessen zugrunde liegen, was Tonalität als traditionelle ästhetische Mitte für unsere Gesellschaft bedeutet.«65 Der politische Standort von Musik liegt also in ihrer kompositorischen Faktur. Die Annahme einer Homologie von Musik und Gesellschaft in Sinn einer mimetischen Widerspiegelung findet sich in ähnlicher Form bei Adorno vorgezeichnet.66

Struktur und Aura

Die Reflexion der Verbindung von Musik und Gesellschaft ist in Lachenmanns Denken auf dialektische Weise mit dem Begriff der musikalischen Struktur verknüpft. Dessen Prominenz markiert eine Differenz gegenüber Adorno; sie basiert auf der zentralen Bedeutung, die der Terminus im Diskurs über serielle Musik innehat. Dort geht der Strukturbegriff mit einem starken Autonomieanspruch einher, er steht gerade für die Abkehr des musikalischen Denkens von außermusikalischen Bezügen. Sein hoher Abstraktionsgrad rückt ihn in Distanz zu den konkreten Elementen, deren Relationen er bezeichnet.67

In dem Text »Bedingungen des Materials«68 distanziert sich Lachenmann vom Strukturbegriff, wie er im Umfeld des Serialismus Verwendung findet. Im seriellen Denken bezeichne ›Struktur‹ die Beziehung »zwischen ›reiner‹ (klingender) Materie und ›reinem‹ (rezipierenden) Geist«69, obwohl weder Geist noch Materie je in Reinform auftreten würden, da sie »durch allgemeine und individuelle Vorwegbestimmungen mannigfach geprägt«70 seien. Diese Besetzungen erfasst Lachenmann mit dem Begriff der Aura (wobei das Gegensatzpaar von Struktur und Aura im Adorno’schen Begriffspaar von Konstruktion und Ausdruck eine näherungsweise Entsprechung findet)71.

Die Begriffswahl legt eine Bezugnahme auf Walter Benjamin nahe, der mit ›Aura‹ jene mit der Materialität eines Kunstwerks verknüpfte (oder diesem von den Rezipierenden zugeschriebene) Dimension historischer Tiefenschärfe bezeichnete, die mit dem Aufkommen moderner Reproduktionstechnologien verloren gegangen sei. Christian Grüny zufolge hat Lachenmanns Gebrauch des Aurabegriffs hingegen wenig mit Benjamins Begriffsverwendung gemein.72 Eberhard Hüppe hat darauf hingewiesen, dass Lachenmanns Konzept der Aura die Modifikation reflektiere, die Adorno an Benjamins Aurabegriff vorgenommen habe.73 Adorno übernimmt den Terminus von Benjamin, dessen Definition er jedoch als zu undialektisch kritisiert.74 Im Gegensatz zu Benjamin sieht Adorno in der Aura kein Relikt, das dem autonomen Kunstwerk von seinen magischen Ursprüngen her zugewachsen ist; auch geht die Aura für ihn nicht durch die technische Reproduzierbarkeit der Kunstwerke verloren. Er versteht darunter vielmehr jene genuine Eigenart autonomer Kunstwerke, die über die Werkimmanenz hinausweist und dadurch »gegen die ideologische Oberfläche des Daseins«75 kritisch ist. Ihren Ursprung habe die Aura in der Technik, dem ›Metier‹. Sie widersetze sich dabei ihrer absichtsvollen Setzung und gelinge nur dann, wenn sie gerade nicht angestrebt werde – als gewollte und ›gemachte‹ habe sie dagegen Anteil an der Scheinhaftigkeit der Kulturindustrie.76

Mit Benjamins Aurabegriff verbindet Lachenmanns Begriffsverwendung eben jener Gedanke eines dem künstlerischen Material im weiteren Sinn anhaftenden Traditionszusammenhangs, der durch die destruktive Einwirkung der Moderne – bei Benjamin durch die Technologie, bei Lachenmann durch den Komponisten vermittelt – gebrochen werden kann.77 Nonnenmann zufolge stellt die Aura eine für Lachenmann essenzielle Ergänzung des Materialbegriffs dar, die »nicht nur die physi­kalischen Eigenschaften der Klänge, sondern genauso die Fülle ihrer Beziehungen und Verwandtschaften zu inner- und außermusikalischen Kontexten«78 umfasse und somit den ausschließlich parametrisch bestimmten Materialbegriff des Serialismus überschreite.79

Eine Differenz gegenüber Benjamin kann in Anlehnung an Nonnenmann und Wellmer80 in der unterschiedlichen Bewertung des Auraverlusts gesehen werden: So beurteilt Benjamin die Zerstörung der Aura als grundsätzlich positiv. Auch Lachenmann geht es um eine Brechung der Aura, einen »zerstörerisch empfundenen Umgang mit den vertrauten Sprachmitteln«81. Tatsächlich wird die Aura dabei jedoch nicht vernichtet, sondern vielmehr im dreifachen Hegel’schen Sinn ›aufgehoben‹ – eher als um ihre schlichte Negation handelt es sich um ihre reflektierende Einbeziehung in den Kompositionsprozess.82 Am Beispiel von Kontrakadenz hat Nonnenmann gezeigt, wie Lachenmann die Aura, die Benjamin zufolge durch die Reproduktions­medien verloren geht, paradoxerweise durch die Einbeziehung von Radioapparaten in die Komposition bewahrt.83

Lachenmann sieht es als Aufgabe der Komponist*in, sich reflektierend auf die jeweilige Aura des Materials zu beziehen, wodurch sich die Komplexität der Struktur tendenziell reduziere:

Mir scheint, daß an der besonderen Art der Reduktion des Strukturbegriffs zugunsten der Einbeziehung der Aura sich die entscheidende Präzisierung des individuellen kompositorischen Denkens ablesen läßt, weil durch diese Prozedur die gesellschaftliche Wirklichkeit und die Daseinserfahrung des Einzelnen nicht ausgeklammert bleiben, sondern wie auch immer beschworen werden und so als wesentliche Komponenten musikalischer Mitteilung aufscheinen.84

Befindet sich der Begriff der Aura hier noch im Gegensatz zu demjenigen der Struktur, so löst Lachenmann diese Opposition in der Folge auf, wenn er schreibt:

Komponieren bedeutet dann über bloßes Strukturgebastel hinaus einiges mehr, nämlich die Auseinandersetzung mit den immer bereits gegebenen Strukturen; es bedeutet: Strukturen – welche auch immer – ermöglichen, freilegen, bewußt machen, in Beziehung zueinander setzen, in Erinnerung bringen, suggerieren, halluzinatorisch auslösen usw.85

Lachenmann gebraucht den Begriff der Struktur hier zur Bezeichnung zweier unterschiedlicher Phänomene: Neben der Konstruktionsleistung der Komponist*in, die das serielle Denken damit verband, versteht er darunter nun auch jegliches vorweg Gegebene, dem Material Anhaftende, das sich der Kontrolle der Komponist*in gerade entzieht. Was zunächst als Ausweitung des Terminus erscheint, hat schließlich dessen radikale Umkehr zur Folge, meint er nun doch nicht mehr die hermetische Abriegelung gegen alles Außermusikalische, sondern gerade die Kontaminierung der Mittel mit expressiver Bedeutung. So dient der Strukturbegriff Lachenmann gewissermaßen als trojanisches Pferd, durch welches das Gesellschaftliche in die Musik Eingang findet.

Dass der erweiterte Strukturbegriff mit der Präformierung des Materials auch die gesellschaftliche Wirklichkeit in sich einschließt, zeigt der Schlusssatz von »Bedingungen des Materials«: »Musik hat Sinn doch nur, wenn sie über ihre eigene Struktur hinausweist auf Strukturen – das heißt: auf Wirklichkeiten und Möglichkeiten – um uns und in uns selbst.«86 Noch deutlicher wird dies in dem 1989 erstmals erschienenen Aufsatz »Zum Problem des Strukturalismus«87, in dem Lachenmann unter dem Schlagwort eines ›dialektischen Strukturalismus‹ für eine Revision des dominierenden Darmstädter Strukturbegriffs eintritt:

Gemeint ist also ein Denken, welches nicht bloß auf die Schaffung, Stipulierung beziehungsweise Bewußtmachung von musikalischen Strukturen gerichtet sein kann, sondern in welchem solche Strukturen sich ergeben, präzisieren und sich bewußtmachen als Resultat der direkten und indirekten Auseinandersetzung mit bereits vorhandenen und im Material wirkenden Strukturen aus allen, und gerade auch aus außermusikalischen, Erlebnis- und Existenzbereichen und Wirklichkeiten.88

Nonnenmann bringt das Konzept des ›dialektischen Strukturalismus‹ in Zusammenhang mit der von Adorno auf Schönberg angewandten Idee der ›bestimmten Negation‹, »wie sie das kompositorische Denken Lachenmanns sowie von Nicolaus A. Huber, Mathias Spahlinger, Gerhard Stäbler, Cornelius Schwehr und anderen beeinflusst.«89 Lachenmann adaptiert also den Strukturbegriff des Serialismus im Sinne einer Brückenfunktion für die Verbindung zwischen Musik und Wirklichkeit. In veränderter Terminologie zielt er damit wiederum auf jenes Phänomen, das in Adornos Rede vom ›sedimentierten Geist‹ zum Ausdruck kommt: die historisch spezifische Besetzung der musikalischen Mittel mit gesellschaftlicher Bedeutung.

Der Ästhetische Apparat als Brücke zwischen Material und Wahrnehmung

Schon früh entwickelt Lachenmann eigene musikästhetische Begrifflichkeiten, die an Kategorien Adornos anknüpfen, diese aber zugleich überschreiten. 1976 prägt er in »Zum Problem des musikalisch Schönen heute« den Begriff des Ästhetischen Apparats, womit er das Hauptaugenmerk von der Ebene des Materials auf jene der Wahrnehmung verschiebt. Die Definition, die Lachenmann an dieser Stelle vornimmt, sei hier ausführlich zitiert:

Gemeint ist damit mittelbar: das Gesamt der geltenden musikalischen Wahrneh­mungs­kategorien in ihrer besonderen, historisch und gesellschaftlich bedingten Ausformung und Reichweite, so wie sie sich in einer bestimmten Situation theoretisch beziehungsweise empirisch darstellen, in unserem Fall sozusagen die »Tonalität 1976« mit allem, was sie einschließt, von ihren traditionalistischen bis zu ihren exotischen, antithetischen, pluralistischen Elementen.

Gemeint sind damit unmittelbar die tatsächlich verfügbaren Objektivationen dieser ästhetischen Kategorien im Alltag der bürgerlichen Kultur, gemeint als deren Requisite im weitesten Sinn etwa das gesamte vorhandene und denkbare, überlieferte und neu entwickelte Instrumentarium in Theorie und Praxis, die Musikinstrumente in ihrer typischen Bauart und der daran gebundenen Aufführungspraxis einschließlich der gebräuchlichen Notation, darüber hinaus alle im Zusammenhang mit unserem Musikbewußtsein und unserer Musikpflege entwickelten und genutzten technischen Geräte, Begriffsapparate, Arbeitstechniken, aber auch die in unserer Gesellschaft zuständigen Institutionen und Märkte – wenn man so will: von der Auslage einer Musikalienhandlung bis zur Ehrenkarte der Putzfrau eines Stadtrates beim Gastkonzert der Fischerchöre, von der Hohner-Mundharmonika bis zum beamteten Rundfunksinfonieorchester mit seinen vielen in Quinten gleich gestimmten Geigen und seiner einzigen Baßklarinette: Alle diese Elemente mit ihrer besonderen Hierarchie und Zuordnung, sie bilden den »ästhetischen Apparat«.90

Vom Materialbegriff unterscheidet sich das Konzept des Ästhetischen Apparats in seinem Geltungsanspruch: Bleibt jener im Wesentlichen auf Elemente der musi­kalischen Schreibweise begrenzt, so umfasst dieses neben materiellen und institutionellen Manifestationen des Musiklebens bereits in sich äußerst weitläufige Felder wie Aufführungspraxis und Notation, um sich schließlich auf – dem Alltagsverständnis nach – der Musik externe Kräfte wie ›Märkte‹ und ›Begriffsapparate‹ zu erstrecken, womit auch die reflexive und diskursive Dimension mit einbezogen ist. Tatsächlich geht mit der Begriffsverwendung eine Verschiebung in der Gewichtung verschiedener Faktoren der musikalischen Praxis – insbesondere von der Material- auf die Wahrnehmungsebene – einher. Dennoch weist das Konzept des Ästhetischen Apparats – wie auch Nonnenmann bemerkt – Parallelen zu Adornos Materialbegriff auf:

Weil der ästhetische Apparat – analog zu Adornos Verständnis des Materials als »sedimentiertes Subjekt«, aber ohne dessen marxistisch-geschichtsphilosophische Implikate – die Funktion einer Schnittstelle erfüllt, an der sich Kunst und Gesellschaft berühren, wird die Auseinandersetzung mit dem Apparat mittelbar zur Auseinan­dersetzung mit der Gesellschaft.91

Mit dem Materialbegriff verbindet den Ästhetischen Apparat die Annahme einer historischen und gesellschaftlichen Präformierung, die jedoch auf die Sphäre der Wahrnehmung ausgeweitet wird. Demnach sind für Lachenmann nicht nur die Elemente, die ein musikalisches Werk konstituieren, historisch und gesellschaftlich geprägt, sondern ebenso die Art und Weise, wie Musik wahrgenommen wird schreiben sich die Elemente des kodifizierten musikalischen Ausdrucks den hörenden Subjekten doch in Form von Erwartungshaltungen ein. Die Tatsache, dass Lachenmann den Ästhetischen Apparat auch als »Tonalität 1976«92 umschreibt, markiert einen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Konzepten – und damit auch eine Differenz zwischen Adornos Musikphilosophie und dem Musikdenken Lachenmanns. Bei Adorno kommt der Materialbegriff meist dann zu Anwendung, wenn vom fortgeschrittensten Stand der musikalischen Mittel zu einem gegebenen historischen Zeitpunkt die Rede ist.93 Somit ist der Materialbegriff in der Regel mit einer normativen Intention verbunden. Die Vorstellung des Ästhetischen Apparats zielt hingegen darauf ab, den bürgerlichen Musikbetrieb in seiner Breite zu umfassen seine Stoßrichtung ist also zunächst deskriptiv. Sie schildert keine Zielvorgabe, an der sich der*die Komponist*in zu orientieren hat, sondern eine Zustandsdiagnose, von der sich der*die avancierte Komponist*in gerade absetzen soll. So kommt Lachenmann zu dem Schluss, dass das Hören innerhalb der bürgerlichen Musikkultur nach wie vor durch die Parameter der Tonalität bestimmt ist, auch wenn diese in der Vorstellung der als avanciert geltenden Komponist*innen der 1950er-Jahre keine Rolle mehr spielt. Lachenmann konstatiert somit eine Diskrepanz zwischen dem radikalen Anspruch der Avantgarde und dem Erwartungshorizont des Publikums. Nebenbei sei auf die Verwendung des Wortes ›Tonalität‹ hingewiesen, das hier auch die »exotischen, antithetischen, pluralistischen« Klangsprachen der Gegenwart mit einbezieht und somit über das Alltagsverständnis des Begriffs weit hinausgeht.

Aufmerksamkeit verdient auch der Apparatbegriff an sich: Horkheimer und Adorno sprechen in der Dialektik der Aufklärung vom »technischen«94 oder »ökonomische[n]«95 Apparat, benützen den Terminus jedoch auch ohne Attribut im Hinblick auf die gesellschaftliche Totalität in der »verwalteten Welt«96, vor der das Individuum verschwinde bzw. in der Anpassung daran selbst zum ›Apparat‹ werde.97 Seine mechanischen und technizistischen Konnotationen legen die Assoziation quasi maschineller, subjektloser Herrschaft nahe. Zentrale Bedeutung erlangt der Begriff bei Marcuse, wo er – angelehnt an Max Webers ›bürokratischen Apparat‹ – zunächst die gewaltsame Ordnung des Faschismus und dann jede Form politischer Ordnung meint, die das Individuum im Zeichen des Ganzen unterdrückt.98 Zeitgleich, nämlich ebenfalls in den 1960er-Jahren, analysieren die Vertreter*innen der Budapester Schule um György Lukács unter diesem Schlagwort die verselbständigte Bürokratie des Staatssozialismus, die eine (von Marx nicht antizipierte) Herrschaft über die eigentlichen revolutionären Subjekte – die proletarischen Produzent*innen – erlange.99 Ebenfalls zur selben Zeit – unter dem unmittelbaren Eindruck des Mai 1968 – adaptiert Louis Althusser den Marx’schen Begriff des Staatsapparats zur Bezeichnung von Institutionen wie Kirche, Polizei, Schule oder Familie, welche die Individuen durch Repression oder Ideologie den kapitalistischen Machtverhältnissen unterwerfen.100 Gemeinsam ist den unterschiedlichen Verwen­dungs­weisen des Apparatbegriffs die Bezeichnung einer Bürokratie mit repressiven und totalitären Zügen. Diese Aufzählung ist als Hinweis darauf zu verstehen, dass der Begriff nicht einem*einer einzelnen Denker*in zuzuordnen ist, sondern vielmehr zur Entstehungszeit von »Zum Problem des musikalisch Schönen heute« mitsamt seinen Konnotationen im Umfeld des westlichen Marxismus und der Neuen Linken auch für Lachenmann greifbar ›in der Luft lag‹ – unabhängig von dessen Rezeption des einen Autors oder der anderen Autorin.

Was Lachenmanns Konzept des Ästhetischen Apparats mit jenen zeitnahen Begriffsprägungen verbindet, ist die Vorstellung eines anonymen und allumfassenden Regelwerks, das sich unter anderem in Form von Institutionen materialisiert. Während alle Begriffsverwendungen die repressive Komponente teilen, lenkt Althusser mit seiner Unterscheidung zwischen repressiven und ideologischen Staatsapparaten den Blick auf die Fähigkeit Letzterer, die Individuen nicht nur zur Anpassung an eine Norm zu zwingen, sondern sie durch den Vorgang der »Anrufung«101 überhaupt erst als Subjekte hervorzubringen.102 In vergleichbarer Weise ist der Ästhetische Apparat bei Lachenmann nicht nur allmächtiges Regelwerk, sondern auch epistemische Voreinstellung, die mit der Hervorbringung möglicher Klänge und Wahrnehmungs­weisen auch eine generative Funktion besitzt.103

Da der Ästhetische Apparat als Objektivierung kulturell sanktionierter Wahrnehmungskategorien zutiefst gesellschaftlich ist, entscheidet sich im Verhalten ihm gegenüber für Lachenmann der Standpunkt des Komponisten:

Keinesfalls wird er diesen Apparat einfach benutzen, vielmehr geht es ihm darum, ihn technisch und geistig zu beherrschen, ihn einzusetzen und im selben Moment sich mit ihm auseinanderzusetzen. Ob er es will oder nicht, ob er es weiß oder nicht: In der Auseinandersetzung mit den Spielregeln dieses ästhetischen Apparats wird der Komponist in den Konflikt hineingerissen, von dem das Bewußtsein unserer Gesellschaft geprägt ist bis hinein in die Masken, die sie sich in der Verzweiflung aufsetzt.104

Die negative Bezugnahme auf den Ästhetischen Apparat impliziert somit ein ebensolches Verhältnis zur gesellschaftlichen Realität:

Die obligate Auseinandersetzung meiner Musik mit dem, was ich anderswo als »ästhetischen Apparat« gekennzeichnet habe – sie läuft weitgehend auf den negativen Umgang mit traditionellen Kategorien hinaus –, ist die Auseinandersetzung mit unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit, mit ihrem ästhetischen Sensorium als der ästhetischen Kehrseite. (Für mich als Musiker ist sie die Vorderseite.)105

Dabei stellt die Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit kein unmittelbares Ziel des kompositorischen Schaffens dar, sondern ergibt sich quasi von selbst aus der Konfrontation des komponierenden Subjekts mit dem Ästhetischen Apparat:

Diese Auseinandersetzung vollzieht sich nicht frontal, sie wirkt empfindlicher: als beiläufiges Resultat (Provokation) bei der individuell motivierten Erschließung musikalischer Zusammenhänge (expressiver Möglichkeiten) und Einbeziehung neuer Erfahrungskategorien.106

Mit der »individuell motivierten Erschließung musikalischer Zusammenhänge« wird der Schauplatz der Auseinandersetzung in das schöpferische Bewusstsein der Komponist*in verlegt, das somit neben dem Ästhetischen Apparat und der gesellschaftlichen Wirklichkeit als dritte Kategorie etabliert wird. Aus dem Streben nach Ausdruck und der Erschließung »expressiver Möglichkeiten« folgt beinahe automatisch, als »beiläufiges Resultat«, eine (Zer‑)Störung traditioneller Wahrnehmungskategorien, die bei den Hörenden als Provokation ankommt.

In einem neueren Text Lachenmanns wird das Verhältnis zwischen musikalischem Material und Ästhetischem Apparat präzise gefasst – hier in Verbindung mit der Forderung nach einer ›Brechung‹ der Struktur außereuropäischer und traditioneller Musik bei deren Anverwandlung durch Komponist*innen westlicher Kunstmusik:

Medium jeder Brechung ist in der kreativen Praxis das, was wir seit der vergangenen Jahrhundertmitte das »musikalische Material« nennen: das überlieferte Reservoir der Mittel zur Gestaltung von Klang- und Zeiträumen, vermittelt durch den einst von mir so genannten »ästhetischen Apparat«. Gemeint ist mit letzterem das Gesamt dessen, was zur gesellschaftlich und historisch gewachsenen Praxis des Musikmachens im weitesten Sinne gehört: die Musikinstrumente, die Einrichtungen, die Aufführungs- und Notationspraxis und die daran gebundenen Theorien und Ordnungen, Systeme, Hierarchien – aber ebenso die damit verknüpften Rezeptionsformen und ‑rituale.107

In diesem Aufsatz zieht Lachenmann die Trennlinie zwischen musikalischem Material und Ästhetischem Apparat derart, dass sie die klanglichen Mittel auf der einen Seite von den materiellen, institutionellen und soziokulturellen Rahmenbedingungen der Musikpraxis auf der anderen Seite trennt. Auch wenn diese Unterscheidung pragmatisch und schlüssig erscheint, deckt sie sich nicht mit Lachenmanns früherem Sprachgebrauch – suggeriert der Ausdruck ›Tonalität 1976‹ doch eine wesentlich weitere Begriffsbedeutung, die sehr wohl auch im strengen Sinn musikalische Para­meter umfasst.

Tatsächlich wird der Begriff in dem Text von 1976 so weit gefasst, dass sich die Frage nach seinen Grenzen stellt. So scheint die Formel ›Tonalität 1976‹ auf jene herrschenden Wahrnehmungskategorien zu zielen, die Lachenmann zufolge auch noch die Rezeption von ›neuer Musik‹ prägen und daher von der Komponist*in bewusst zu reflektieren und zu ›brechen‹ sind.108 Interessant wird es jedoch im nächsten Halbsatz, wo diese ›Tonalität‹ um ihre »exotischen, antithetischen, pluralistischen Elemente«109 erweitert wird und somit, wie der Autor klarstellt, die »Flucht zurück in die Schein-Geborgenheit des Vergangenen«110 ebenso umfasst wie jene »nach vorne ins wie auch immer geartete avantgardistische Abenteuer«111. Gemeint ist damit – wie Lachenmann in der Folge klarstellt – der Serialismus, der es verabsäumt habe, die herrschenden ästhetischen Normen als solche der Wahrnehmung ausreichend zu reflektieren. Dennoch wirft eine dermaßen breite Begriffsbestimmung, die neben der traditionellen Musiksprache auch noch deren Negation umfasst, die Frage nach einem möglichen Standort außerhalb des Ästhetischen Apparats auf, der für einen kritischen Umgang damit ja unerlässlich wäre. Bezeichnet der Ästhetische Apparat möglicherweise den jeweiligen Status quo, von dem sich das gerade im Werden begriffene Werk jeweils abzusetzen hat? Würde dieses aber nicht jedenfalls ab dem Zeitpunkt seiner Entstehung notwendigerweise ebenfalls dazugehören und einen neuen Nullpunkt bilden, von dem sich die nächste Komposition wiederum abzusetzen hätte?

Dass dieses Problem nicht unbeachtet blieb, zeigt Lachenmanns Hervorheben der Dehnbarkeit als konstitutives Merkmal des Ästhetischen Apparats in seiner aktuellen Ausprägung. Auch legt der Hinweis auf die »Werthierarchien«112 des Ästhetischen Apparats nahe, dass der Begriff keine homogene Einheit bezeichnet, sondern ein tonales Gravitationszentrum voraussetzt, das auch noch das Abweichende und Periphere affiziert. Dass Lachenmann den Ästhetischen Apparat – dessen offensichtlicher Widersprüchlichkeit und Heterogenität zum Trotz – dennoch als Einheit betrachtet, welcher »geltende Gesetze«113 und »Spielregeln«114 zuzusprechen sind, wirft allerdings die Frage auf, ob das Festhalten an derartigen totalisierenden Entitäten, wie sie für die Moderne kennzeichnend waren, angesichts der ästhetischen Pluralisierung des späten 20. Jahrhunderts noch gerechtfertigt ist.115

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Verhältnis von Musik und Gesellschaft, als deren zentrale Schnittstelle in Lachenmanns Texten der von Adorno geprägte Materialbegriff dient, eine weitere Schärfung im Konzept des Ästhetischen Apparats erfährt, das über musikalische Parameter im engeren Sinn hinaus auch materielle und institutionelle Faktoren umfasst und die musikalische Wahrnehmung maßgeblich prägt. Der Ästhetische Apparat verschiebt den Fokus von der Produktions- und Werkebene in Richtung der Rezeption, die nun ausführlich in den Blick genommen werden soll.

Endnoten


  1. Ralf-Alexander Kohler, »Zur politischen Dimension einer musikalischen Kategorie, oder wie ist Helmut Lachenmanns ›musique concrète instrumentale‹ satztechnisch zu verstehen«, in: Auf()und zuhören. 14 essayistische Reflexionen über die Musik und die Person Helmut Lachenmanns, hg. von Hans-Peter Jahn, Hofheim 2005, S. 109-118, hier S. 114.↩︎

  2. Borio, »Material – zur Krise einer musikalischen Kategorie«, S. 108.↩︎

  3. Carl Dahlhaus, »Abkehr vom Materialdenken?«, in: Algorithmus, Klang, Natur. Abkehr vom Materialdenken? Die 31. Internationalen Ferienkurse für Neue Musik in Darmstadt, hg. von Friedrich Hommel (= Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik, Bd. XIX), Mainz 1984, S. 45-55, hier S. 47.↩︎

  4. Vgl. Borio, »Material – zur Krise einer musikalischen Kategorie«, S. 113.↩︎

  5. Helmut Lachenmann, Der Materialbegriff in der Neuen Musik, Ms., S. 8; zit.n. ebd., S. 111.↩︎

  6. Vgl. Gunnar Hindrichs, »Der Fortschritt des Materials«, in: Adorno-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, hg. von Richard Klein u.a., Stuttgart 22019, S. 59-70, hier S. 59f.↩︎

  7. Lachenmann, Der Materialbegriff in der Neuen Musik, Ms., S. 8; zit.n. Borio, »Material – zur Krise einer musikalischen Kategorie«, S. 114.↩︎

  8. Ebd., S. 114.↩︎

  9. Ebd.↩︎

  10. Ebd., S. 113-114.↩︎

  11. Adorno, Philosophie der neuen Musik, S. 39.↩︎

  12. Hindrichs, »Der Fortschritt des Materials«, S. 67.↩︎

  13. Vortrag, gehalten am 10. August 1971 bei der 18. Bundestagung des Arbeitskreises für Schulmusik und allgemeine Musikpädagogik in Bayreuth; zit.n.: Lachenmann, »Zur Analyse Neuer Musik«, S. 21-34.↩︎

  14. Ebd., S. 22.↩︎

  15. Vgl. die Begriffsverwendung bei Adorno in Bezug auf das Komponieren: Adorno, Philosophie der neuen Musik, S. 137-153; Adorno, »Das Altern der Neuen Musik«, S. 150-160; sowie in Bezug auf das Hören: Adorno, »Über den Fetischcharakter in der Musik und die Regression des Hörens«, passim.↩︎

  16. Lachenmann, »Zur Analyse Neuer Musik«, S. 22.↩︎

  17. Ebd., S. 23.↩︎

  18. Ebd.↩︎

  19. Ebd.↩︎

  20. Ebd.↩︎

  21. Lachenmann, »Fragen – Antworten«, S. 202.↩︎

  22. Vgl. Adorno, Ästhetische Theorie, S. 222, passim.↩︎

  23. Helmut Lachenmann, »Über mein zweites Streichquartett. (›Reigen seliger Geister‹)« [1996], in: MaeE3, S. 227.↩︎

  24. Vgl. Adorno, Ästhetische Theorie, S. 223: »Evident, wie sehr etwa der Komponist, der mit tonalem Material schaltet, von der Tradition es empfängt. Benutzt er jedoch, kritisch gegen jenes, ein autonomes: von Begriffen wie Konsonanz und Dissonanz, Dreiklang, Diatonik ganz gereinigtes, so ist in der Negation das Negierte enthalten. Derlei Gebilde sprechen kraft der Tabus, die sie ausstrahlen«.↩︎

  25. Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 105; der Aufsatz basiert auf einem Referat vom 13. November 1976 anlässlich des Frankfurter Musikforums. Erstveröffentlichung unter dem Titel Lachenmann, »Die Schönheit und die Schöntöner«, S. 1-7.↩︎

  26. Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 105.↩︎

  27. Ebd.↩︎

  28. Ebd.↩︎

  29. Ebd.↩︎

  30. Reinhard Kapp, »Adornos Theorem von der ›Tendenz des Materials‹. Die Reaktion der Produzenten«, in: »Dauerkrise in Darmstadt?«. Neue Musik in Darmstadt und ihre Rezeption am Ende des 20. Jahrhunderts, hg. von Wolfgang Birtel u.a., Mainz u.a. 2012, S. 179-211, hier S. 179.↩︎

  31. Lachenmann, »Zur Analyse Neuer Musik«, S. 22.↩︎

  32. Ebd., S. 22.↩︎

  33. Ebd.↩︎

  34. Vgl. Horkheimer, Adorno, Dialektik der Aufklärung, S. 141-142: »Die kapitalistische Produktion hält sie [die Konsument*innen, Anm. d. Verf.] mit Leib und Seele so eingeschlossen, daß sie dem, was ihnen geboten wird, widerstandslos verfallen.« Vgl. Kapitel 3.1.↩︎

  35. Seiner unter dem Titel Dissonanzen veröffentlichten Textsammlung gab Adorno den Untertitel Musik in der verwalteten Welt: Theodor W. Adorno, Dissonanzen; Einleitung in die Musiksoziologie (= GS, Bd. 14), Frankfurt a.M. 32017.↩︎

  36. Lachenmann, »Zum Verhältnis Kompositionstechnik – Gesellschaftlicher Standort«, S. 95.↩︎

  37. Ebd., S. 95.↩︎

  38. Ebd., S. 95.↩︎

  39. Ebd., S. 93.↩︎

  40. Ebd.↩︎

  41. Lachenmann, »Zur Analyse Neuer Musik«, S. 33.↩︎

  42. Ebd.↩︎

  43. »Desselben Ursprungs wie der gesellschaftliche Prozeß und stets wieder von dessen Spuren durchsetzt, verläuft, was blinde Selbstbewegung des Materials dünkt, im gleichen Sinne wie die reale Gesellschaft, noch wo beide nichts mehr voneinander wissen und sich gegenseitig befehden. Daher ist die Auseinandersetzung des Komponisten mit dem Material die mit der Gesellschaft, gerade soweit diese ins Werk eingewandert ist«. Adorno, Philosophie der neuen Musik, S. 39-40.↩︎

  44. Vgl. Andreas Holzer, Zur Kategorie der Form in neuer Musik (= Musikkontext, Bd. 5), Wien 2011, S. 33-36.↩︎

  45. Der Text basiert auf einem Kompositionsseminar, das Lachenmann 1978 bei den Darmstädter Ferienkursen leitete.↩︎

  46. Lachenmann, »Bedingungen des Materials«, S. 46.↩︎

  47. Ebd.↩︎

  48. Adorno, Philosophie der neuen Musik, S. 59.↩︎

  49. Christian Grüny, »›Zustände, die sich verändern‹. Helmut Lachenmanns Musik mit Bildern – und anderem«, in: Helmut Lachenmann. Musik mit Bildern?, hg. von Matteo Nanni u.a., München 2012, S. 39-69, hier S. 57.↩︎

  50. Hüppe, »Helmut Lachenmann«.↩︎

  51. Adorno, Ästhetische Theorie, S. 89, 73.↩︎

  52. Ebd., S. 89.↩︎

  53. Osamu Nomura, Der Begriff der Aura bei Benjamin und Adorno, http://hdl.handle.net/2433/185041 (Zugriff am 4. September 2019), passim.↩︎

  54. Peter M. Spangenberg, »Aura«, in: Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden, hg. von Karlheinz Barck, Stuttgart, Weimar 2002, S. 400-416, hier S. 404-410.↩︎

  55. Nonnenmann, »›Musik mit Bildern‹«, S. 22.↩︎

  56. Ebd., S. 26.↩︎

  57. Wellmer, »Über Negativität, Autonomie und Welthaltigkeit der Musik oder: Musik als existenzielle Erfahrung«, S. 136-138.↩︎

  58. Lachenmann, »Accanto«, S. 169.↩︎

  59. »Denn die beschworene Aura soll wohl gebrochen, nicht aber vergessen oder ignoriert werden.« Lachenmann, »Klangschatten – mein Saitenspiel (1972)«, S. 387.↩︎

  60. Nonnenmann, Angebot durch Verweigerung, S. 100-104.↩︎

  61. Lachenmann, »Bedingungen des Materials«, S. 46.↩︎

  62. Ebd., S. 46.↩︎

  63. Ebd., S. 47.↩︎

  64. Revidierte und erweiterte Fassung eines Vortrags vom 17. Oktober 1989, Erstveröffentlichung unter dem Titel »Über Strukturalismus«: Helmut Lachenmann, »Über Strukturalismus«, in: MusikTexte (1990), Heft 36, S. 18-23.↩︎

  65. Lachenmann, »Zum Problem des Strukturalismus«, S. 89.↩︎

  66. Nonnenmann, Der Gang durch die Klippen, S. 396.↩︎

  67. Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 107.↩︎

  68. Nonnenmann, Angebot durch Verweigerung, S. 243.↩︎

  69. Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 107.↩︎

  70. So sei das Material »nicht weniger als der vergegenständlichte und kritisch reflektierte Stand der technischen Produktivkräfte einer Epoche«. Adorno, »Vers une musique informelle«, S. 503; zit n. Borio, »Material – zur Krise einer musikalischen Kategorie«, S. 110-111.↩︎

  71. Horkheimer, Adorno, Dialektik der Aufklärung, S. 14.↩︎

  72. Ebd., S. 44.↩︎

  73. Ebd., S. 9.↩︎

  74. Ebd., S. 14, 111, 190.↩︎

  75. Wolfgang Lipp, »Apparat und Gewalt. Über Herbert Marcuse«, in: Soziale Welt 20 (1969), Heft 3, S. 274-303, hier S. 281-282.↩︎

  76. Agnes Heller, Ferenc Fehér und György Markus, Der sowjetische Weg. Bedürfnisdiktatur und entfremdeter Alltag, Hamburg 1983, S. 30-35, 46.↩︎

  77. Louis Althusser, Ideologie und ideologische Staatsapparate, 1. Halbband, Hamburg 22016, S. 43, 47.↩︎

  78. Ebd., S. 88.↩︎

  79. Ebd., S. 52-91.↩︎

  80. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf den produktiven Charakter der Macht bei dem Althusser-Schüler Michel Foucault; vgl. beispielsweise Michel Foucault, Der Wille zum Wissen, Frankfurt a.M. 101998, S. 113-115.↩︎

  81. Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 108.↩︎

  82. Lachenmann, »Über Tradition«, S. 340.↩︎

  83. Ebd.↩︎

  84. Lachenmann, Kunst in (Un)Sicherheit bringen, S. 4.↩︎

  85. Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 108; Helmut Lachenmann, »Harmonica. Musik für Orchester mit Solo-Tuba (1981/83)«, in: MaeE3, S. 395.↩︎

  86. Lachenmann, »Zum Problem des musikalisch Schönen heute«, S. 107.↩︎

  87. Ebd., S. 108.↩︎

  88. Ebd.↩︎

  89. Ebd.↩︎

  90. Ebd.↩︎

  91. Ebd.↩︎

  92. Möglicherweise sind die Paradoxien des ›ästhetischen Apparats‹ als notgedrungen widersprüchliche Antwort auf die Herausforderung zu deuten, unter Verzicht auf ein lineares Fortschrittsdenken, wie es noch der Begriff des Materialstands voraussetzt, weiterhin an der Vorstellung eines avancierten Komponierens festzuhalten.↩︎