Feedback-Kultur entwickeln

Eine gute Feedback-Kultur haben bedeutet, angstfrei und unabhängig der jeweiligen Hierarchiestufe Rückmeldung und möglicherweise Kritik zu Handlungen geben sowie annehmen zu können. Rückmeldung und Kritik zu geben bedeutet, die eigenen Grenzen und die persönliche Sicht auf Handlungen und ihre Zusammenhänge klar kommunizieren zu können und das Vertrauen zu haben, dass diese von den anderen Beteiligten gehört und beachtet werden.

Feedback zu geben und zu bekommen beinhaltet Rechte und Pflichten aller Beteiligten und bedarf einer gemeinsam vereinbarten, verbindlichen Struktur. Zu den Rechten zählt die Sicherheit, Rückmeldungen und/oder kritische Aspekte unabhängig vom eigenen Gruppenstatus äußern zu können und diese von den anderen Beteiligten beachtet und vertrauensvoll gehört zu wissen. Zu den Pflichten der Feedback-gebenden Person zählt die Verantwortung, die eigenen Gedanken, Befindlichkeiten und kritischen Aspekte klar, respektvoll und zeitgerecht zu kommunizieren.

Wichtig dabei ist, von unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Feedback empfangenden Person auszugehen, dies zu berücksichtigen und die jeweilige Sichtweise des Gegenübers zu hören und zu respektieren.

Überlegungen einer Studierenden

„Oft bemerke ich an Kunsthochschulen, dass in Feedbacks inhärent Wertungen über eine absolute künstlerische Begabung/Fähigkeit abgegeben werden. Dass es mehr um ein Urteil über eine gewisse künstlerische (Nicht-)Begabung als um einen Arbeitsprozess geht. Hier fand ich wichtig, mir das Konzept der Probe vor Augen zu führen, was ja im Grunde ein über Wochen und Monate gehender Feedback-Prozess ist, wo unterschiedliche Expertise-Felder aufeinandertreffen und miteinander ein Kunstwerk kreieren. Proben bedeutet ausprobieren und nicht abliefern. Es ist ein Denken im Tun, meist mit dem ganzen Körper und dem ganzen Sein. Es macht Sinn, dass Proben in Gruppen stattfinden und nicht allein für sich im stillen Kämmerlein. Im Austausch, im Miteinander entsteht etwas, was allein nicht entstehen kann. Hier eine aufrichtige nachhaltige Kultur eines Miteinander- und Voneinander-Lernens zu entwickeln, sehe ich als essenziell an.“ (bw)

Einen Rahmen schaffen

Überlegungen die helfen, eine konstruktive und nachhaltige Feedback Kultur zu entwickeln

  • Die Struktur des Feedbacks möglichst zu Beginn eines Arbeits- oder Lehr_Lernkontextes ansprechen, diskutieren und verbindlich fixieren.
  • Zur Struktur des Feedbacks gehören die Art des Feedbacks, die Frequenz und die Form des Feedbacks.
  • Bei der Vorbereitung auf eine gemeinsame Feedback-Vereinbarung kann helfen, sich die Frage zu stellen, wie damit umgegangen wird, wenn ein Feedback verletzend oder diskriminierend formuliert beziehungsweise verletzend oder diskriminierend vom Gegenüber aufgefasst wird > hier macht es Sinn, bereits im Vorhinein ein Worst Case Szenario mit Lösungsschritten festzulegen.
  • Es ist von Anfang an wichtig, dass alle Beteiligten gehört und alle Sichtweisen berücksichtigt werden. Ziel ist es, in eine konstruktive, lösungsorientierte Haltung zu kommen und danach zu handeln.

Die Feedback-Situation

Praktische Schritte, die helfen, eine konstruktive und nachhaltige Feedback Kultur zu entwickeln

  • Raum für Selbstreflexion: 1) Sich Gedanken darüber machen, wo die eigenen Grenzen und Vorstellungen liegen. 2) Sich Gedanken über die Handlung und/oder Situation machen, die für sich und die jeweiligen Beteiligten eine Veränderung bringen würden.
  • Wahrnehmung schildern: Sagen Sie Ihrem Gegenüber zunächst, welches Verhalten Sie beobachtet haben bzw. was aus Ihrer Sicht passiert ist. Beanspruchen Sie nicht die Wahrheit für sich, sondern berichten Sie über das, was Sie sehen, empfinden und beobachten. Zum Beispiel: „Mir ist aufgefallen, dass…“ Hier ist es wichtig, in einer Beschreibung zu bleiben und nicht in eine Bewertung (das fand ich gut/ schlecht, etc.) zu rutschen. Somit können Unterrichtssituationen sachlich und respektvoll besprochen werden.
  • Wirkung aufzeigen: Welche Schlüsse ziehen Sie aus Ihrer Wahrnehmung? Wie wirkt das auf Sie? Formulieren Sie für diesen Spiegel Ich-Botschaften, wie das Verhalten auf Sie subjektiv wirkt. Ihren Standpunkt erklären Sie zum Beispiel so: „Ich empfinde das als… und fühle mich…“
  • Raum für Rückfragen geben: Welche Fragen sind bei der Feedback-erhaltenden Person aufgetaucht bzw. offengeblieben? Was ist unklar? Dieser Schritt braucht genügend Zeit zur Klärung, ehe es in die Umsetzung gehen kann. Was hat die Feedback-erhaltende Person gehört und was verstanden?
  • Raum für Wünsche und Mitgestaltungsmöglichkeiten: Wovon würde ich mir mehr wünschen? Wovon würde ich mir weniger wünschen? Hier ist es wichtig, der Feedback-erhaltenden Person genügend Zeit zu geben, um Veränderungsvorschläge ausreichend reflektieren und in die Umsetzung bringen zu können.
  • Abschließendes Resümee: sich rückblickend Gedanken über die gesamte Feedback-Situation machen. Die am Feedback Beteiligten vereinbaren vorausblickend nächste Aufgaben und Schritte. Jede_r sollte hier die Möglichkeit haben noch einmal zu Wort zu kommen und kurz zu reflektieren, zu welchen Veränderungen der Feedback-Prozess geführt hat.

Feedback-Methoden

Die Art des Feedbacks kann je nach Zeitpunkt im Lehr_Lernprozess variieren und unterschiedliche Intentionen haben. Durch Feed-Up werden angestrebte Ziele transparent kommuniziert. Feed-Back gibt konkrete Rückmeldung zu erlebten Handlungen. Feed-Forward dient dazu, die nächsten Schritte auf dem Weg zum Ziel zu definieren.

  • Rollen tauschen: Es können unterschiedliche Rollen sowie verschiedene Arten von Feedback (verbal, schriftlich, mit Emojis) ausprobiert und abgewechselt werden. Feedback Geben und Empfangen ist genauso etwas was wir lernen und ausprobieren müssen. Auch hier ist es wichtig, fehlerfreundlich zu agieren und den Lernprozess als Experimentierfeld zu sehen.
  • Schreiben von Gedächtnisprotokollen: Ein Gedächtnis- oder Erinnerungsprotokoll ist eine subjektive Darstellung der eigenen Gedanken nach einem Ereignis und dient primär privaten Zwecken, kann aber als Erinnerungshilfe für Feedbacks am Ende eines Semesters herangezogen werden.
  • Selbst- und Fremdwahrnehmung vergleichen: Zu Wunschkriterien kann sich jede Person das Feedback der Gruppe holen und mit der eigenen Einschätzung vergleichen. Dazu werden 3 Felder im Raum definiert für „stark ausgeprägt“, „ausgeprägt“ und „ausbaufähig“, auf denen sich zunächst der_die Feedback-Nehmende positioniert und danach die Gruppenmitglieder. Es kann sich ein Austausch zu den einzelnen Positionierungen anschließen.