
Der Parnass als mythologischer Götterhimmel diente im Barock gerne als Sinnbild für Vollendung und Perfektion. So nannte Johann Joseph Fux sein Lehrwerk von der Harmonie und dem Kontrapunkt Gradus ad Parnassum, es sollte also eine Anleitung sein, als Komponist und Musiker zur vollkommenen Meisterschaft zu gelangen. Nachdem der Gradus 1725 in Wien erschienen war, verging kein Jahr, ehe der Thomaskantor Johann Sebastian Bach dieses Werk für seine private Bibliothek anschaffen ließ. Vermutlich war er es auch, der seinen ehemaligen Schüler Lorenz Mizler 1742 dazu animierte, Fux’ Gradus in die deutsche Sprache zu übersetzen und so zu mehr Verbreitung zu verhelfen.
Die Musik von Johann Sebastian Bach wird heute in vielerlei Hinsicht als Inbegriff von Vollkommenheit und Perfektion gesehen. In der Triosonate BWV 1039, die auch in einer Version für Cembalo und Gambe überliefert ist, spielt sich zwischen den Stimmen ein abwechslungsreicher, kontrapunktischer Dialog ab, in den auch virtuos die Bassstimme einbezogen wird. Eine Ausnahme stellt der 3. Satz dar, in dem eine flächige Arpeggio-Struktur homophon durch kühne Modulationen geführt wird.
Die Allemande aus der Partita in D-Dur bildet, obgleich Einzelsatz einer Suite, ein ganzes Universum an musikalischen Figuren und Affekten ab und ist so ein eigenständiges, ausdruckstarkes Charakterstück – am Parnass dieser Gattung.
Einen Platz im musikalischen Götterhimmel wollte François Couperin seinem italienischen Kollegen Arcangelo Corelli sichern, einige Jahre nach dessen Tod. In seiner L’Apothéose de Corelli wird in bildhaften Versatzstücken geschildert, wie Corelli von Apoll empfangen, den Musen begleitet und an einen Ehrenplatz auf dem Parnass geführt wird. Mehr als die Trennung und Abgrenzung des französischen vom italienischen Stil wird hier die Neugierde und der Respekt sichtbar, den die Komponist:innen unterschiedlicher Nationen voreinander hatten. Corellis Violinsonaten Op. 5 zeigen die Kompositions- wie auch Virtuosenkunst der Violine Ende des 17. Jahrhunderts in beispielgebender Form. Verzierungskunst, Kantabilität, streicheridiomatische Figuren sowie polyphone Sätze wechseln einander ab und zeigen die ganze Bandbreite des musikalischen Kunsthandwerks.
Die Triosonaten von Johann Joseph Fux sind mitunter in verschiedenen Besetzungen erhalten; von der Fassung für Tasteninstrument allein bis hin zur reich besetzten Kammermusik. Dies zeigt die Praxis am Wiener Kaiserhof, Musik in variabler Art gemäß ihrer Funktion und des Rahmens erklingen zu lassen. Stilistisch treffen hier italienisch beeinflusste Adagios mit gekonnter Dissonanzbehandlung auf kontrapunktische Sätze, in denen häufig Wechsel zwischen Tutti- und Solo- Besetzungen vorgeschrieben sind und somit Concerti in kleinem Rahmen entstehen. Besonders in den Fassungen für Tasteninstrumente sind üppige französische Verzierungen hinzugefügt (wahrscheinlich von Fux’ Schüler Gottlieb Muffat), sodass die ganze Bandbreite des gemischten Stils in diesen Formen konzentriert enthalten ist.
Erich Traxler
Programm
Johann Joseph Fux (ca. 1660–1741)
Sonata à 3 in A-Dur, K 340
Adagio – Allegro – Largo – Allegro
Dominik Fischer, Magdalena Waldauf, Violine
Hannah Eberle, Violoncello
Elias Gabriel Huber, Cembalo
Arcangelo Corelli (1653–1713)
Sonate für Violine in B-Dur, Op. 5 Nr. 2
Grave – Allegro – Vivace – Adagio – Vivace
Dominik Fischer, Violine
Arthur Jeszenszky, Cembalo
Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Allemande aus Partita Nr. 4, BWV 828
Tzu-Yu Yang, Cembalo
François Couperin (1668–1733)
Le parnasse ou L’Apothéose de Corelli (1726)
Gellért Jassó, Britta Kähny, Voiceflute
Tzu-Yu Yang, Cembalo
Johann Joseph Fux
Sonata septima in d-Moll
Allegro – Andante – Presto
Elias Gabriel Huber, Cembalo
Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Triosonate in G-Dur, BWV 1039
Adagio – Allegro ma non presto – Adagio e piano – Presto
Marvin Moch & Ivett Lajko, Traversflöte
Rose Chaffey, Violoncello
Arthur Jeszenszky, Cembalo
Musikalische Leitung: Erich Traxler
Eintritt frei!


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