Grete Wiesenthal (1885-1970)
1885 in Wien geboren, war im Alter von zehn Jahren ins Hofopernballett aufgenommen worden. (vgl. Grete Wiesenthal, Die ersten Schritte, Wien 1947) Später gründete sie mit ihren Schwestern Elsa und Berta eine Tanzgruppe, in der die drei Schwestern die Entwicklung eines eigenen Tanzstils vorantrieben. Die Gruppe wurde im Kabarett Fledermaus – einer von Josef Hoffmann entworfenen Kleinkunstbühne, einem Gesamtkunstwerk der Wiener Werkstätte, die Experimentellem Platz bot – im Jahr 1902 vorgestellt. 1910 heiratete Grete Wiesenthal Erwin Lang und setzte den Anfang einer Solokarriere. Erwin Lang, Maler und Grafiker, Mitglied der Künstlervereinigung Hagenbund, entwarf Kostüme und Ausstattungsstücke, inszenierte und war der Sohn der bekannten Frauenrechtlerin Marie Lang. Walzer, Pantomime, Stummfilm, all das beschäftigte Grete Wiesenthal in ihrer Arbeit, wobei sie vor allem für die ihr eigene Verbindung von Walzer und modernem Tanz Bekanntheit erlangte. In zweiter Ehe war sie mit Nils van Silfverskjoeld, einem Arzt, verheiratet. Im Jahr 1934 wurde sie an die Akademie für Musik und darstellende Kunst Wien berufen. Sie wurde zwar im Mai 1938 ebenfalls gekündigt, doch mit 1. Oktober 1938 erneut eingestellt. In der Zeit des Nationalsozialismus trat sie nicht auf, Andrea Amort und Mimi Wunderer-Gosch vermuten hier einen Rückzug in die innere Emigration. (Andrea Amort & Mimi Wunderer-Gosch (Hg.), Österreich tanzt. Geschichte und Gegenwart, Wien/ Köln/ Weimar 2001, 84) Milan Dubrović bezeichnete Grete Wiesenthals Haus in einem Artikel rückblickend als „eines der Zentren oppositioneller Aktivitäten, ein Refugium für Verfolgte und Gefährdete“. (Milan Dubrović, Die Welt der Grete Wiesenthal, Kultur und Politik im Salon einer großen Österreicherin, in: Die Presse 16./17. Oktober 1984) Ob ihr das durch ihre künstlerischen Aktivitäten möglich war oder sie andere Gründe hatte, entzieht sich bislang jedoch unserer Kenntnis. In der Zeit nach 1945 fungierte Grete Wiesenthal jedenfalls als Leiterin der Tanzausbildungsklasse. Mit 1952 beendetet sie ihre Laufbahn an der Akademie (vgl. Barbara Preis 2009, Weibliche Lehrkräfte und Schülerinnen der Reichshochschule für Musik in Wien 1938-1945. Studien – Berufsentwicklung – Emigration, Diss. Uni. Wien, 265-270), war jedoch noch bis 1959 für die Choreographie des Jedermanns bei den Salzburger Festspielen verantwortlich. (vgl. Grete Wiesenthal, Der Aufstieg, 1919 sowie Der Tanz der Grete Wiesenthal, Kolloquium, 2.-4.Mai 2008, Museum der Moderne Salzburg. Susanne Mundorf, Grete Wiesenthal. Renaissance einer Tanzform, Seefeld 2008; Gabriele Brandstetter & Gunhild Oberzaucher-Schüller, Mundart der „Wiener Moderne“. Der Tanz der Grete Wiesenthal, München 2009; Viktoria Hofbauer, Grete Wiesenthal - eine Varietétänzerin? Die Auftritte der Tänzerin in Wiener Kabaretts und Varietés anhand von drei Beispielen, DA, Wien 2009)
di, 6.10.2017