Hanna Berger (Wien 1910 – Ost-Berlin 1962)
Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, geht die von einer „idealen“ kommunistischen Bewegung geprägte Berger nach Berlin, um dort künstlerischen Tanz zu studieren. Sie tritt u. a. in den Ensembles von Mary Wigman und Trudi Schoop auf. 1937 muss sie wegen ihrer realistisch gezeichneten Choreografie des Solos „Krieger“ aus NS-Deutschland flüchten, ehe sie einige Zeit in Italien lehrend und choreografierend verbringt. An der Seite des Bildhauers Fritz Cremer engagiert sich Hanna Berger im kommunistischen Widerstand. 1942 wird sie im Zuge der Gestapo-Aktion „Rote Kapelle“ verhaftet; aus dem Frauengefängnis Bessemerstraße in Berlin-Schöneberg kann sie 1943 während eines Bombardements entkommen. Von 1945 bis 1952 ist Berger im Nachkriegs-Wien intensiv tätig: als Gründerin des Wiener Kindertheaters, als Lehrende für Moderne Tanzform an der heutigen mdw, als Tänzerin, Choreografin und Regisseurin. Sie bekleidet kurzfristig die Stelle des Tanzreferats unter dem Wiener Kulturstadtrat Viktor Matejka. Auf Grund ihrer politischen Haltung zieht es die leidenschaftliche Frau immer wieder in die junge DDR, wo sie u. a. für Walter Felsenstein die Bewegungsregie in dessen legendärer Inszenierung der Janácek-Oper „Das schlaue Füchslein“ (1956) an der Komischen Oper (als Gastspiel in Wiesbaden, Paris sowie in der Originaleinstudierung an der Mailänder Scala) verantwortet. Gastspiele führen Berger u.a. nach Paris, mit der von ihr und Paul Kont gegründeten Kammertanzgruppe tritt sie u. a. in der DDR, der Tschechoslowakei und Polen auf. Berger studiert Film-Gestaltung bei Walter Kolm-Veltée an der heutigen mdw und choreografiert 1956 für den jungen ORF die ersten TV-Ballette. Während der Vorbereitungen für einen Märchen-Film mit der DEFA 1962 in Ost-Berlin stirbt Hanna Berger an einem Gehirntumor. Seit 1995 konnte die ehemalige Studierende der mdw und Berger-Tänzerin, Ottilie Mitterhuber, zwei Soli rekonstruieren und an die Tänzerin Esther Koller weitergeben. In der seit 2006 international gezeigten Produktion „Hanna Berger: Retouchings“ kontextualisierten zeitgenössische ChoreografInnen das Werk Bergers.
AA, 8.3.2017