Transparent bewerten, vielfältig prüfen

Die Bewertung von Leistungen in künstlerischen, pädagogischen, praxisbezogenen wie auch wissenschaftlichen Bereichen stellt immer eine große Herausforderung dar. Zudem werden in Bewertungsprozessen zumeist unbewusst Diversitätsdimensionen wie Geschlecht, race, Körper, Alter, Ethnizität mit den vermeintlich objektiven Bewertungskriterien verbunden. In der Beurteilung von Leistungen spielen also auch Kategorien außerhalb des künstlerischen, pädagogischen, praxisbezogenen und wissenschaftlichen Bereichs eine Rolle.

Umso wichtiger ist es, dass die Kriterien für die Beurteilung von Beginn an oder bereits im Vorfeld festgelegt und transparent gemacht werden. Das Festlegen der Kriterien setzt einen Prozess der Selbstreflexion voraus, in dem implizite Biases reflektiert werden. So können die Resultate sowohl von Studierenden als auch von Lehrenden besser nachvollzogen werden. Studierende können sich zudem dadurch schon in der Vorbereitung auf eine Leistungsbewertung selbst besser einschätzen lernen. Je informierter die Studierenden im Austausch mit der bewertenden Person sind und je klarer Bewertungskriterien offengelegt werden, desto eigenständiger, verantwortungsbewusster und reflektierter kann mit dem jeweiligen Leistungspotential umgegangen werden. (kpa)

Prüfungen dienen zur Feststellung bestimmter Kenntnisse, Fertigkeiten, Leistungen und Kompetenzen gemäß der vorgegebenen Bestimmungen im Lehrplan. Ein Prüfungsnachweis ist meist mit einer Berechtigung für Aufstiegsmöglichkeiten in Studium und Beruf verbunden. Besondere Hürden stellen oftmals Zulassungs- und Abschlussprüfungen dar. Prüfungen sind informativ für Lehrende im Sinne der Verarbeitung des Lehrinhalts. Gleichermaßen ist das Ergebnis einer Prüfung Orientierung gebend für Studierende, ob und welche Inhalte und Kompetenzen angeeignet, erlernt und verstanden wurden.

Lehrende sind aufgefordert, unterschiedliche Formate und Settings anzubieten, denn so bekommen Studierende die Möglichkeit, ihr angeeignetes Wissen und ihre erworbenen Kompetenzen nach ihren individuellen Möglichkeiten zu zeigen und zu präsentieren (Bspl. schriftlich, mündlich, praktisch, digitale Formate, Präsentation, Referate, einzeln, in Klein- oder Gesamtgruppe).

Für Studierende mit einer studienrelevanten Funktionsbeeinträchtigung sind Prüfungen entsprechend zu adaptieren. Durch ein Angebot von abweichenden Formaten und Methoden kann Chancengleichheit gewährleistet werden. Gleichzeitig werden Inhalt und Anforderung nicht beeinträchtigt. Das bedeutet: gleicher Inhalt, gleiche Leistung, aber anderer Prüfungsmodus (wie beispielsweise verlängerte Prüfungszeit, Benützung von technischen Hilfsmitteln, Einzelformate, angepasste Aufbereitung der Fragestellungen etc.) Dies kann ermöglicht werden durch Vereinbarung mit der Lehrveranstaltungsleitung bzw. über die Studienprogrammleitung. Die richtige Einschätzung der zeitlichen und organisatorischen Erfordernisse für das Ablegen einer Prüfung in abweichenden Formaten ist wichtig. Hier bedarf es insbesonders der Kooperationsbereitschaft der Lehrenden (z.B.: Achtung auf Zeitfenster!). (hnz)

Transparent bewerten im künstlerischen Bereich

Bewertungskriterien setzen voraus, dass diese zuvor festgelegt und kommuniziert wurden.

Die Offenlegung der Bewertungskriterien und der Gewichtung ihrer einzelnen Parameter ermöglicht eine grundsätzliche Reflexion über den Umgang mit Themen, bei denen die Bewertung stark von subjektiven Präferenzen des Zuhörers_der Zuhörerin abhängen. Im Gegensatz zu Intonation und Rhythmus, die einigermaßen konstante Parameter darstellen, kann beispielsweise musikalischer Ausdruck, Bühnenpräsenz, Mut zur individuellen Interpretation- und Gestaltungsweise usw., ja selbst „guter“ Klang, nicht wirklich objektiv gewertet werden.

Tatsächlich gibt es verschiedene Technik-Schulen, zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten und vor allem subjektive Einschätzungen, die sich auf die Beurteilung auswirken und stark voneinander abweichen können. Dies kann auch zu Uneinigkeit zwischen mehreren beurteilenden Personen (z.B.: Prüfungskommission) bzw. zwischen Lehrenden und Studierenden führen.

Abweichende Prüfungsmethoden

Studierende, die eine Behinderung nachweisen, welche es unmöglich macht eine Prüfung in der vorgeschriebenen Methode abzulegen, haben das Recht auf eine abweichende Prüfungsmethode (§59 Abs 3 Z 12 des Universitätsgesetzes 2002).

Durch eine abweichende Prüfungsmethode sollen Barrieren abgebaut und Chancengleichheit sichergestellt werden. Es wird eine alternative Möglichkeit geschaffen, die gleiche Leistung und den gleichen Inhalt abzuprüfen, ohne dabei jemanden zu begünstigen oder die Qualität der Prüfung zu schmälern.

Seit Ende März 2021 ist es möglich, als Studienwerber_in bereits bei der Anmeldung zur Zulassungsprüfung in mdwOnline den Bedarf an abweichenden Prüfungsmethoden für einzelne Prüfungsteile anzugeben.

Infoblatt und Antragsformular für die abweichenden Prüfungsmethoden finden Sie auf der Website der Studiendirektorin.

Literatur

zum Weiterlesen und Vertiefen

Rosa REITSAMER /Rainer PROKOP (2018)
Zwischen Tradition und Innovation: Zur Bewertung musikalischer Leistungen an Kunsthochschulen, in: Szabó-Knotik, Cornelia / Mayer-Hirzberger, Anita (eds.): Anklaenge – Wiener Jahrbuch für Musikwissenschaft. Wien: Hollitzer Verlag, 161-175