Geschlechter- und diversitätsinklusive Sprache und Bilder wählen

Wenn Worte einen Unterschied machen …
inklusive Kommunikation im Unterricht

Menschen denken in Bildern. Worte, die wir hören oder lesen, beeinflussen diese Bilder – umgekehrt beeinflussen wir sie in anderen Menschen durch die Art und Weise, wie wir sprechen oder schreiben.

In der Lehre gilt es diesbezüglich besonders sorgsam zu sein, stehen wir hier doch in einer Verantwortung für die Studierenden. Diversitätsreflektiert zu sprechen und zu schreiben, heißt also auch, sich die Vielfalt und Wandelbarkeit der Welt bewusst zu machen, offen für neue Erfahrungen zu bleiben und anzuerkennen, dass es mehr als eine Sicht auf diese Welt gibt.

Wir möchten Sie neugierig machen auf die vielen Facetten der Sprache und ermutigen, gemeinsam mit Ihren Gegenübern verschiedene Sprach- und Wortvarianten auszuprobieren. Oft geht das ganz einfach, zum Beispiel, wenn aus „jede_r, die_der eine Seminararbeit schreibt“ die Formulierung wird: „alle, die eine Seminararbeit schreiben“.

Sprache ist kein neutrales Werkzeug, sie transportiert Geschichte, eigene Ansprüche und Ansichten, wie folgendes Beispiel deutlich macht:

Im Musikbetrieb wird oft von „den Streichern“, „den Bläsern“ gesprochen. In dieser Formulierung kommen Musikerinnen nicht vor, sind lediglich mitgemeint. Diese Bezeichnung ist ein ganz offensichtliches historisches Relikt der Tatsache, dass Musikerinnen lange nicht in Orchester aufgenommen wurden, weil ein Orchester nur aus Männern bestand. Die Bezeichnung „Streicher“ und „Bläser“ war also völlig ausreichend. Die ersten Orchester, in denen Musikerinnen spielen durften, nannten sich „Frauenorchester“, weil die allgemeine Bezeichnung „Orchester“ unausgesprochen für Männer reserviert war.

Warum?

Weil historisch gesehen die hierarchisierte bürgerliche Geschlechterideologie für diese Benennungspraxis leitend war: Nämlich die Vorstellung von zwei und nur zwei – alles andere sei von der bürgerlichen Norm abweichend – sehr unterschiedlichen Geschlechtern, nach der Frauen sich auf das Private, das Innen, das Gefühl, unbezahlte (Sorge- und Reproduktions-)Arbeiten im Haus – hingegen Männer auf das Öffentliche, das Draußen, die Ratio, bezahlte Erwerbsarbeiten außer Haus und die Regelung von öffentlichen Angelegenheiten konzentrieren sollten. Die Interpretation vom bestimmenden männlichen Geschlecht und dem nachgeordneten weiblichen prägt die bürgerlich-patriarchale westliche Kultur bis heute. Heute wird die Diskussion erweitert zur Inklusion der Geschlechtervielfalt, denn inter*, trans und nicht-binäre Personen, wollen zu recht gleichermaßen mitgedacht und angesprochen werden – und das ist ohne weiteres möglich, wenn wir bereit sind, unsere Bilder im Kopf zu erweitern.

„Wenn Worte einen Unterschied machen…“

Inklusive Kommunikation im Unterricht

  • Alle sind dafür, wie sie sprechen und schreiben, selbst verantwortlich, im universitären Alltag ganz besonders aber Lehrende aufgrund ihrer Verantwortung gegenüber Studierenden.
  • Alle können mit den Worten, die sie verwenden, andere Personen respektvoll ansprechen, sie aber auch durch ihre persönliche Wortwahl und ihre Anredeformen nicht erreichen oder auch verletzen.
  • Geschlechter- und diversitätsinklusive Sprache stellt sich nicht automatisch ein – sie ist ein bewusster Vorgang von Sprechenden und Schreibenden, der aktiv erlernt und geübt wird, der Kreativität erfordert und Spaß machen kann.
  • Geschlechter- und diversitätsinklusiv zu kommunizieren, bedeutet darüber nachzudenken,
    • wen ich mit meinem Sprechen und Schreiben ansprechen möchte und
    • wie diese Personen angesprochen werden möchten.

Inter* Personen möchten beispielsweise nicht mit Herr oder Frau und Nachname angesprochen werden, weil sie nicht Frau oder Mann sind. Hier passt z.B. die Formulierung „Guten Tag Toni Volaczek“ sehr gut. Toni kann nämlich als Person sowohl Frau oder Mann als auch inter* oder trans- oder nicht-binär sein.

Fragestellungen

Ideen für mögliche Fragen, die ich mir als Lehrende_r/Studierende_r stellen kann.

Inwieweit verwende ich wertschätzende diversitätsinklusive Sprache in meinem Unterricht? Wie möchte ich im Uni-Alltag angesprochen und angeschrieben werden?
Wo könnte ich noch inklusiver werden? Inwieweit kann ich sagen, dass sich die Studierenden in meinen Lehrveranstaltungen so angesprochen fühlen, wie sie es haben möchten? Was ist mir als Sprechende_r und Schreibende_r hinsichtlich geschlechter- und diversitätsinklusiver Kommunikation wichtig?
Wie viel Zeit nehme ich mir beim Sprechen, alle Geschlechter gleichermaßen anzusprechen? Wie diversitätsinklusiv kommuniziere ich selbst? Wo könnte ich mich diesbezüglich noch verbessern?
Mit wem kann ich meine offenen Fragen in Bezug auf geschlechter- und diversitätsinklusive Sprache diskutieren? Wie nehme ich als Studierende_r geschlechter- und diversitätsinklusive Sprache wahr?
In welchem Setting kann ich mich mit Kolleg_innen darüber austauschen, wie sie den Anspruch von geschlechter- und diversitätsinklusiver Sprache in ihrem Unterricht umsetzen? Was weiß ich über die Gründe, warum in vielen Gesellschaften lange nicht geschlechter- und diversitätsinklusiv gesprochen worden ist und warum es aber tatsächlich einen Unterschied im Alltag machen kann? Wo könnte ich dieses Wissen bekommen?

Exkurs: Non-verbale Kommunikation

Nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch die Körpersprache hat große Auswirkung auf das Gegenüber. Gestik und Mimik spiegeln das persönliche Befinden und die Einstellung gegenüber Mitmenschen wider. Sie können Ausdruck einer wertschätzenden und inklusiven Haltung sein und anderen Menschen das Gefühl vermitteln, angenommen zu werden. Daher ist es wichtig sensibel für die eigene Körpersprache zu sein und sich immer wieder Rückmeldung von außen z.B. durch Kolleg_innen oder Studierende diesbezüglich zu holen. Dadurch können unbewusste Gesten aufgedeckt und in ihrer Wirkung hinterfragt werden.